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Der einsame Engel

Die Chefin der Detektei Liebergesell ist vom Tod des Kollegen und Freundes Harald Kreutzer tief betroffen und möchte das Geschäft am liebsten aufgeben. Süden und Patrizia setzen sich entgegen der Meinung der Chefin für eine Fortführung ein und arbeiten weiter. Insbesondere Patrizia sieht einen tieferen Sinn darin. Als sie nach dem verschwundenen Geschäftsmann Justus Greve suchen, erweist sich dieser Fall komplizierter als zunächst gedacht. Normalerweise handelt es sich um Menschen, die verzweifelt einfach ihr Leben hinter sich lassen wollen. Nicht mehr von anderen abhängig, gezeichnet oder bestimmt zu sein. Süden findet im Rahmen seiner Ermittlungen in diesem Fall heraus, dass der Gesuchte mehrere Affären mit Frauen hatte – sogar mit einer fast noch Minderjährigen. Zu seiner Überraschung stößt Süden hier auf Menschen, die im Wegschauen geübt sind. Lügen, Unstimmigkeiten und eisernes Schweigen kommt ihm entgegen, als er den Fall Greve lösen will. Er findet Leute, die Zweifel an Gerechtigkeit und an das Glück haben. Dies kann er mehr als nachvollziehen, da er selbst über lange Zeit die selben Empfindungen gehabt hat.

Friedrich Ani, Jahrgang 1959, wurde in Kochel am See geboren. Er schreibt Romane, Kinderbücher, Drehbücher, Kurzgeschichten, Gedichte und Hörspiele. Viele seiner Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet. Seinen Erfolg belegt nicht zuletzt eine Vielzahl von Auszeichnungen, wie den Adolf-Grimme-Preis sowie dem Deutschen Krimi Preis, den er sowohl 2012 wie auch 2014 für seine Romane um den Titelhelden Süden bekam. Er ist der einzige Autor, der in einem Jahr den Deutschen Krimi Preis für drei Titel gleichzeitig erhielt. In München lebend ist er Mitglied des Internationalen PEN-Clubs.

Für mich war es erneut ein Genuss, Tabor Süden bei seiner Arbeit begleiten zu dürfen. Geschildert wird auch dieses Mal das unspektakuläre Leben im bekannten Detektivbüro mit all seinen normalen, tagtäglichen Problemzonen. Herrlich, wie Süden in seiner Ermittlungsarbeit agiert und trotz seiner Gemütswallungen aufgrund des Verlustes seines Freundes, kriminalistischen Scharfsinn wie auch Esprit zeigt. Cool, abgebrüht und doch ab und an vielleicht eine Nuance zu viel Naivität sind die Würze auch in diesem Fall.

Friedrich Ani ist wahrlich ein Meister seines Fachs und zieht einen mit seinen Geschichten um Tabor Süden zum wiederholten Male sofort in den Bann. Leider sind die 208 Seiten viel zu schnell gelesen. Daher ist es mehr als notwendig, dass die Detektei Liebergesell weiter besteht und noch all die verborgenen Menschen unbedingt in weiteren Fällen suchen muss!

Michael Müller