Kaum schaltet man das Fernsehgerät ein, wird man von einer Vielzahl von Crime und Mystery Sendungen überhäuft, sei es zum Beispiel die „CSI“-Reihe oder „Law and Order“. All diese kurzweiligen TV-Krimis sind mit der Aufklärung von Verbrechen mit Hilfe der modernen Forensik beschäftigt. Aber wie klärt man ein Verbrechen auf, das sich inmitten des 17. Jahrhunderts ereignet, ohne die Mittel der modernen Verbrechensanalyse? Mit dieser Thematik beschäftigt sich der Roman „Die Sündentochter“ von Sandra Lessmann.
In einer kalten Winternacht im Jahr 1665 wird der Richter Orlando Trelawney Zeuge eines kaltblütigen Mordes an der Hebamme Margaret Laxton. Sie und ihre Tochter werden von einem Jungen in einen Hinterhalt gelockt, die Mutter von einem maskierten Mann erschossen. Im letzten Moment kann der Richter verhindern, dass auch ihre Tochter dem Mörder zum Opfer fällt und rettet die junge Frau. Bei dem Kampf mit dem Täter wird sein Diener verletzt, so dass er ihn zur Behandlung zu seinen beiden Freunden, dem Wundarzt Alan Ridgeway und dem Arzt und Jesuiten Jeremy Fauconer, bringen muss. Die beiden Ärzte und der Richter wollen um jeden Preis das Verbrechen aufklären, doch die einzige Zeugin, Anne Laxton, schweigt. Schon bald wird die Leiche des Jungen, der als Lockvogel diente, gefunden und die Hinweise verdichten sich, dass die Hebamme Laxton Babyhandel betrieben hatte. Als Anne bemerkt, dass sie durch eine Vergewaltigung schwanger geworden war, besucht sie Alan unter einem falschen Vorwand und verführt ihn. Die Schwangerschaft bleibt nicht lange unbemerkt, der Vater stellt sie zur Rede und Anne bezichtigt Alan der Vergewaltigung. Um nicht im Kerker zu enden, heiratet Alan Anne. Doch die Ehe steht unter keinem guten Stern. Anne zwingt Dr. Fauconer, aus dem Haus von Ridgeway auszuziehen, woraufhin Alan sich in die Arbeit stürzt, um Anne so wenig wie möglich begegnen zu müssen. Eine Woche vor dem großen Brand von London werden Anne und ihre Tante Elisabeth in Alan’s Haus ermordet, Alan findet die im Sterben liegende Anne und versucht noch das ungeborene Kind zu retten, was ihm aber nicht mehr gelingt. Blutüberströmt wird er auf der Strasse aufgegriffen und von Anne’s eifersüchtigem Bruder Martin des Mordes an den beiden Verwandten beschuldigt. Er kommt in das Gefängnis von Newgate und ab da beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit. Dr. Fauconer ist nun gezwungen, allein mit Hilfe des Richters den wahren Mörder zu finden, da der Kerker innerhalb kürzester Zeit den Tod bedeutet. Als er endlich eine erste heiße Spur verfolgt, kommt es zum großen Brand von London, der seine bisherigen Ermittlungserfolge zu vernichten droht. Gleichzeitig ist er selbst in größter Gefahr, da Jesuiten im London des 17. Jahrhundert durch den Glaubenskrieg nur im Untergrund ihren Glauben praktizieren können, die breite Bevölkerung gegen den Katholizismus ist und dies auch äußerst bereitwillig demonstriert. Und da ist noch der geheimnisvolle Mörder, der inzwischen weiß, dass man ihm auf der Spur ist.
„Die Sündentochter“ ist ein sehr spannender und unterhaltsamer Roman, der sich sowohl mit den religiösen Problemen des 17. Jahrhunderts als auch mit den Anfängen und Grundlagen moderner Mordermittlungen beschäftigt. Bis zum Schluss bleibt dem Leser der wahre Mörder verborgen. Für alle Fans von CSI und Co. ist das Buch also eine gelungene Abwechslung inmitten des 17. Jahrhunderts, das Miträtseln über den Mörder macht Spaß und dessen Entlarvung ist eine schöne Herausforderung für Fortgeschrittene.
"Die Sündentochter", Sandra Lessmann; 604 Seiten; Verlag Knaur Taschenbuch; 8,95 Euro.