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Das Wochenende

Sie tragen Designer-Klamotten, fahren Luxus-Limousinen, verdienen viel Geld, essen exotische Gerichte und genießen die Früchte des Kapitalismus. Früher, da haben sie gegen den Staat gekämpft, linke Parolen gerufen und selbst vor Gewalttaten nicht Halt gemacht. Tief in der Kapitalisten-Haut scheint aber noch immer das linke Gewissen zu schlummen, wenn sie sich in einem renovierten Urlaubshäuschen treffen. Sie, das sind Tina, Henner, Inga und deren Mann Ulrich. Sie treffen sich, um Jens zu begrüßen, der als Mitglied der RAF 18 Jahre im Gefängnis saß und nun wieder frei gekommen ist. Der scheint das linke Gewissen der anderen wieder zu beleben, denn er lehnt die dekadente Lebensweise der anderen entschieden ab. Alte Erinnerungen und Gefühle kommen wieder auf, als sich die Truppe wieder sieht, und mit einigen Tatsachen, die aufkommen, überraschen sie sich gegenseitig, darunter wer Jens damals verpfiffen hat oder was aus seinem Sohn wurde, den er mit Inga hat.

"Das Wochenende", der neueste Film von Nina Grosse, basiert auf dem gleichnamigen Buch von Bernhard Schlink. Das who-is-who der deutschen Schauspieler, darunter Katja Riemann, Barbara Auer und Sebastian Koch, versammelt sich zu dieser ZDF Co-Produktion.
Der Film kommt fast gänzlich ohne Musik aus und spielt zur Hälfte im Schatten oder gleich ganz im Dunkeln, was es nicht unbedingt leichter macht, ihm zu folgen. Die Geschichte zieht sich, da sich kaum eine Figur traut, aus sich raus zu gehen, und so bleibt der Zuschauer zum Schluss alleine mit einem offenen Ende, zerrütteten Beziehungen und vielen ungeklärten Fragen, weil das Wochenende vorüber ist, und jeder wieder seiner Wege geht.

Neben dem Film (Dolby Digital 5.1) bietet die DVD Interviews mit Cast und Crew sowie einen Audiokommentar mit der Regisseurin Nina Grosse, die auch das Buch zum Film geschrieben hat.

Wer die Siebziger Jahre erlebt hat und mit der linken Stimmung der "68er" etwas anfangen kann, wird es leichter haben, diesem Film zu folgen. Alle anderen sollten besser zu einem anderen Streifen von Nina Grosse greifen, die auch deutlich fröhlicher schreiben und inszenieren kann, denn "Das Wochenende" ist alles andere als leichter Stoff.

Pascal May