Artikeldienst Online

Jacky im Königreich der Frauen

Satiren und Parodien in Filmen haben es mitunter schwer. Solange sie lediglich auf Klamauk aus sind und keinerlei Botschaft transportieren sondern nur unterhalten wollen, wie es die Zucker-Brüder mit ihren "Airplane"- und "Nackte Kanone"-Filmen jahrelang getan haben, können sie es sogar zum Kassenschlager schaffen. Bei Botschaften, vor allem gesellschaftliche, religiöse oder politische, wird es erheblich schwieriger. Besonders ambitioniert ging Riad Sattouf vor, als er das Drehbuch zu "Jacky im Königreich der Frauen" geschrieben und es gleich selbst inszeniert hat.

In der totalitären Volksrepublik Bübünne herrschen die Frauen, die Männer bleiben zuhause, tragen Schleier und kümmern sich um Haus und Kinder. Gemüse kennt man in diesem Staat nicht, denn Pflanzen dürfen nicht angebaut oder gegessen werden, statt dessen wird Schleim in jeder Form verzehrt. Pferde, insbesondere Ponys, sind heilig und werden ebenso verehrt wie die Herrscherfamilie der Diktatorin, Generalin Bübünne XVI. Im ganzen Land sind als einzigem Luxus Fernseher installiert, die rund um die Uhr die großen Taten der Herrscherfamilie preisen und leichte Unterhaltung mit Pferden zeigen. Nach dem Tod der ehrwürdigen Generalin soll deren Tochter das Regime als Generalin Bübünne XVII. über die Erste Klasse und den Pöbel übernehmen, doch die braucht erst einmal einen Mann, den sie heiraten und der ihr möglichst viele Töchter schenken kann. Dazu wird ein Ball ausgerichtet, auf dem sich alle Jünglinge des Landes im heiratsfähigen Alter präsentieren können.
Der 20-jährige Jacky ist schon lange in die Colonöse, Tochter der Generalin, verliebt, und möchte an ihrer Seite sein, wenn die einmal das Land regieren wird. Nach einer heldenhaften Tat bekommt er sogar ein schier unbezahlbar teures Ticket für den Ball geschenkt, doch wird es ihm von seiner Familie abgenommen, damit sich seine beiden Cousins der künftigen Herrscherin präsentieren können. Durch eine List gelingt es ihm doch noch, den Ball zu besuchen und das Herz der Colonöse zu erobern, wäre da nicht sein Onkel Julin, der im Untergrund für die Rechte der Männer kämpft.

Der Film liegt auf BluRay in der deutschen und der französischen Sprachfassung (DTS-HD Master Audio 5.1) vor. An Extras gibt es nur den Kinotrailer.

Zugegeben, an einer Parodie kann man sich schon abmühen. Vor allem, wenn es dabei um brisante Themen wie Religion, Fundamentalismus und Frauenrechte geht. "Jacky im Königreich der Frauen" (wieso eigentlich "Königreich"?) stellt alles bisher Gekannte auf den Kopf und spielt mit Klischees. Die Männer werden von den Frauen unterdrückt. In diesem Reich gibt es kaum Luxus, aber an jeder Ecke, selbst auf den Straßen, hängen riesige Flachbildfernseher. Das Ausland ist grundsätzlich Feindesland, weil man dort den freien Willen pflegt. Pflanzen sind den heiligen Pferden vorbehalten, die zu jeder Zeit gepriesen und angebetet werden. Darüber hinaus hat sich in dieser diktatorisch geführten Volksrepublik eine ganz eigene Sprache entwickelt. So tragen die Männer eine Schleierei, Schleim wird geschlonzt, also zubereitet, um Nachwuchs zu zeugen muss man dödeln, der Personentransport erfolgt im Bübüs und die Herrscherin lädt nicht zum Ball sondern zur Bübünnerie. Nicht ein Ehemann wird für die künftige Herrscherin gesucht sondern "der große Dödel".

Eins muss man dem preisgekrönten Regisseur Riad Sattouf lassen: Mit seinem Drehbuch und dessen Verfilmung zeigt er Mut, es auch mit ernsten und sperrigen Themen aufzunehmen, mit denen man ganz leicht sehr viel kaputt machen kann. Vorsichtig versteckt er sich hinter den naiven Bewohnern der Volksrepublik und gibt ihnen eine verniedlichende Kunstsprache. Dennoch bleibt "Jacky im Königreich der Frauen" zwar eine absolut politisch unkorrekte Groteske und ein mutiges Zeichen gegen alle Formen des Totalitarismus. Dennoch bleibt bei dieser abgedrehten Umsetzung der Aschenputtel-Geschichte die Unterhaltung auf der Strecke, weil die Dialoge schlicht zu hohl sind, und dabei heraus kommt am Ende nur einer der unlustigsten Filme der vergangenen Jahre, der eigentlich eine Komödie sein wollte. Und nur, weil sich Männer als Frauen verkleiden, reicht das noch lange nicht zum Vergleich mit den genialen, pointierten und witzigen Filmen der Anarcho-Komiker von "Monty Python". Die Auszeichnung während der Filmfestspiele von Cannes 2014, die dieser Film für die beste Regie erhalten hat, scheint sich wohl nur auf den Mut des Filmemachers zu beziehen, diesen Film mit seinen heiklen Themen überhaupt gedreht zu haben.

Dass Satire auch mal weh tun muss, zeigt dieser Film sehr eindrücklich: Beim Ansehen dieses bereits 2013 gedrehten 90-minütigen Streifens können dem Zuschauer durchaus körperliche Schmerzen entstehen.

Pascal May
Weitere interessante Artikel