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LunchBOX

Die größte Filmindustrie der Welt befindet sich nicht in Hollywood sondern am entgegen gesetzten Ende der Welt, nämlich in Indien, dem sogenannten Bollywood. Dass von dort nicht nur stundenlange Sing- und Tanzorgien kommen, dürfte spätestens seit dem Oscar-prämierten Film "Slumdog Millionaire" klar sein. Ein bemerkenswerter kleiner Film ist "LunchBOX", der 2013 während der Filmfestspiele in Cannes viel beachtet lief.

Die Hausfrau und Mutter Ila kocht jeden Tag ein Mittagessen für ihren Mann. Das Essen wird in einer Lunchbox mittels Dabbawallas quer durch Mumbai transportiert. Dieses Transportsystem gibt es nur in Mumbai und könnte auch nirgendwo sonst funktionieren, wenn über 5000 Lieferfirmen die Lunchboxen zuhause bei den Hausfrauen abholen, sie an die Ehemänner in den Büros der Stadt ausliefern, und die Boxen am Nachmittag wieder zu den Frauen zurück bringen. Was für westliche Verhältnisse kaum zu begreifen ist und überhaupt nicht funktionieren kann, läuft seit Jahrzehnten problemlos.
Um ihre eingeschlafene Ehe wieder etwas zu beleben, kocht Ila besondere Gerichte für ihren Mann. Als sie bemerkt, dass ihr muffeliger Ehemann, der überhaupt kein Interesse an seiner Familie mehr zeigt, das Essen nicht bekommen hat, kochte sie am nächsten Tag wieder, und versieht die Lunchbox mit einer kleinen Nachricht. Statt ihres Ehemannes hat Saajan das Essen bekommen, das er zunächst knapp kommentiert. Saajan ist kein Menschenfreund, und seit dem Tod seiner Frau hat er sich sehr zurück gezogen und findet keine Freude an seinem Leben. Dennoch antwortet er Ila immer ausführlicher auf ihre Nachrichten.
Ila und Saajan beginnen eine Brieffreundschaft über die Lunchbox, tauschen sich über ihr Leben aus und freuen sich immer mehr auf die kleinen Nachrichten. Das Essen ist dabei nur noch die Krönung, denn beide genießen die heimlichen Briefe aus der Box.

An Sprachen stehen bei "LunchBOX" deutsch und hindi (Dolby Digital 5.1) zur Auswahl. An Bonus-Material gibt es neben einem Audio-Kommentar des Regisseurs und der beiden Hauptdarsteller ein Interview mit dem Regisseur, und der Kino-Trailer. Bemerkenswert bei den Extras ist ein Booklet, das neben weiterführenden Informationen zu Mumbai und den Dabbawallas noch Kochrezepte aus dem Film bietet.

"LunchBOX", mit deutschem, französischem und indischem Geld finanziert, ist eine wunderschöne Geschichte voller Liebe und Gefühl, die jedoch nie ins Seichte abzurutschen droht. Jedes Detail, jede Geste und jedes Wort sind mit Bedacht gewählt, und machen diesen Film zu einem ganz besonderen Feel-Good-Film-Erlebnis, wie man es viel zu selten zu sehen bekommt. Es ist anrührend mitzuerleben, wie Ila und Saajan in der 13 Millionen Einwohner-Metropole jeder für sich ein einsames Leben führen, und durch einen kaum zu fassenden Zufall - angeblich wird bei 1 Millionen Auslieferungen nur einmal eine Lunchbox an einen falschen Empfänger zugestellt - per Zettelpost wieder etwas Wärme in ihr Leben bekommen.

Ganz großes Gefühls-Kino, das man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte, und ein klarer Beweis dafür, dass Liebe eben doch durch den Magen geht!

Pascal May