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Maria an Callas

Das Internet birgt viele Geheimnisse und Gefahren, doch es gibt auch gute Seite des weltweiten Netzes. Man kann nicht nur Freunde online treffen, man kann auch erst einmal welche machen.
Nachdem Annie eine Schallplatte von Maria Callas an Maria verkauft hat, entsteht ein lebendiger Wechsel an E-Mails, über zwei Jahre lang schreiben sie sich mindestens einmal am Tag ihre Gedanken und Träume auf. Da beiden die Wahrheit zu trübe erscheint, um davon zu erzählen, schreiben beide Frauen über eine Welt, in der sie gerne wären. Maria, so schwer krank, dass sie das Haus längst nicht mehr verlassen kann, beschreibt das Leben ihres Mannes, ein erfolgreicher Designer, Anni, die ein kleines Restaurant mit Fremdenzimmer an der Ostseeküste betreibt, erzählt in ihren Mails vom Leben in einem Luxus-Hotel. Nachdem Maria stirbt, entdecken ihr Mann Jost und ihr Sohn den Briefverkehr. Jost bringt es nicht fertig, Annie die Wahrheit über den Tod seiner Frau zu berichten, und so schlüpft er in ihre Rolle und beginnt einen regen Gedankenaustausch mit Anni. Eines Tages entschließt er sich, Anni zu treffen und erlebt eine Überraschung, als er bei ihr ankommt.
"Maria an Callas" ist ein wunderschöner kleiner Autorenfilm, den Petra K. Wagner gefühlvoll inszeniert hat. Die Rollen sind bestens besetzt, selbst die Nebendarsteller tragen große Namen. Einzig Götz George verkommt immer wieder in diesem Film zum Ärgernis, wenn er seinen Text derart nuschelt, als ob es nicht auf seine Worte ankäme. Claudia Michelsen ist ein absoluter Glücksfall für diesen Film, dass man nur hoffen kann, dass die Schauspielerin endlich die Bekanntheit erfährt, die sie verdient.
Am Bonus-Material auf der DVD wurde etwas gespart: Neben drei sehr kurzen Interview-Ausschnitten mit Götz George, Monica Bleibtreu und Regisseurin Petra K. Wagner (wieso eigentlich kein Statement von Claudia Michelsen?) findet sich eine Fotogalerie, der Kinotrailer und ein Making Of, das den Namen nicht verdient, und das durch eine mehr als ungewöhnliche Musikuntermalung auffällt.
Alles in allem ist "Maria an Callas" ein schöner Festival-Film, den nicht nur Frauen mögen werden und der genau das Richtige für einen kuscheligen Herbstabend ist.

Pascal May