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Zwei ungleiche Schwestern

Isabelle Huppert gehört nicht nur zu den besten Schauspielerinnen Frankreichs, sie gehört auch zu den international anerkannten und zu den am meisten beschäftigten Aktricen. Kaum hat sie einen Film abgedreht, ist sie auch schon wieder unterwegs zum nächsten Drehort. Dazwischen nimmt sie sich höchstens einmal die Zeit, um ihr neuestes Werk während einer Premiere vorzustellen. Danach geht sie aber gleich wieder an die Arbeit. In ihrem gerade auf DVD erschienenen Film "Zwei ungleiche Schwestern" spielt sie das, was sie am besten kann: die verwöhnte und gleichzeitig frustrierte Pariser Dame, die mit einem einzigen Blick mehr Kälte verbreitet als eine Gefriertruhe am Nordpol. Diese Kälte bekommen vor allem ihr Mann wie auch ihr Sohn zu spüren - und ihre Schwester, die aus Le Mans für drei Tage zu Besuch kommt. Doch ihre kleine Schwester Louise ist das genaue Gegenteil von Martine: sie ist lebenslustig und voller Tatendrang, als sie nach Paris kommt, um einen Verleger zu treffen, der Interesse daran hat, ihr erstes Buch zu verlegen. Louise redet ständig, ist voller Ideen und möchte auch endlich das Stadtleben genießen, freut sich aber auch darauf, ihre ländliche Idylle wieder zu sehen, die sie für nichts in der Welt eintauschen würde.Martine hingegen ist es selbst zuviel, wenn ihr Mann am Frühstückstisch atmet, jammert ständig über Nackenschmerzen, trifft sich mit ihren ebenso frustrierten Freundinnen und lebt ein höchst oberflächliches Leben. Sie erträgt ihre Schwester nur sehr schwer und läßt es sie auch bei jeder Gelegenheit spüren. Es folgen drei Tage, in denen die überschwängliche Louise die unterkühlte Martine auf eine schwere Probe stellt, in der Martine mehrere Nervenzusammenbrüche durchsteht und sich zum Ende nach dem wahren Sinn des Lebens fragt.
Absolter Höhepunkt des Films: Isabelle Huppert und Catherine Frot singen zusammen ausgelassen vor dem Fernseher. Ein echter Genuß!
Leider kann man bei der Ausstattung der DVD nicht ins Schwärmen kommen: Neben Trailer und Teaser zum Film finden sich gerade mal je ein Featurette über die beiden Hauptdarstellerinnen und die Regisseurin, mehr ist nicht drin. Auch wurde beim Ton gespart: Zwar liegt der deutsche Ton in bestem Dolby Digital 5.1 vor, das französische Original gibt es dagegen lediglich in Stereo. Schade.
Dennoch ist "Zwei ungleiche Schwestern" unbedingt zu empfehlen. Der Film, übrigens Regieerstlingswerk von Alexandra Leclère, die ihre eigenen Erlebnisse im Drehbuch verarbeitet hat, erzählt eine wunderschöne Geschichte über Geschwister, die auf den ersten Blick Welten trennen aber trotz allem immer wieder zueinander finden. Ein fröhlicher aber auch sehr nachdenklicher Film, der nicht nur Geschwistern unter die Haut geht.

Pascal May