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ABBA in Japan

In den 70er Jahren war die Musik-Landschaft streng aufgeteilt: die harten Jungs und Mädels hatten AC/DC, die nicht ganz so harten die Rolling Stones und für die eher weicheren und kuscheligeren war dann noch ABBA übrig. Dieses Bild hat sich in den vergangenen Jahrzehnten deutlich gewandelt, denn inzwischen ist keine 80er Jahre Party ohne die Hits der vier Schweden denkbar, der Besucheransturm beim Musical „Mamma Mia“ löste ebensolche Rekorde aus wie bei der Kino-Fassung. CDs und DVDs der Gewinner des Eurovision Song Contests 1974 (damals hieß diese Veranstaltung noch „Grand Prix d’Eurovision de la Chanson“) belegen noch immer höchste Plätze in den Charts weltweit und der Verkaufsstart der „Mamma Mia“-DVD ging in die britische Verkaufsgeschichte als am schnellsten verkaufte DVD überhaupt ein. So kann sich inzwischen jeder zur grandiosen Musik von ABBA bekennen, und so verwundert es nicht, dass immer wieder TV-Archive in der ganzen Welt durchsucht werden, um kaum bekanntes Material auf DVD zu brennen.
Neuestes Werk in dieser Reihe ist „ABBA in Japan“. Auf dieser Scheibe wird der erste Besuch der vier Schweden im November 1978 in Fernost gezeigt, als ABBA nur japanischen Musik-Insidern bekannt war. In einer TV-Show präsentieren sie nicht nur ihre aktuellen Hits wie „Waterloo“, SOS“, Dancing Queen“ oder Take A Chance On Me“, in kurzen Einspielern erklären Agnetha, Björn, Benny und Annafrid den Japanern erst einmal, wo Schweden überhaupt liegt, dass es dort recht kalt ist und viel Schnee liegt, und dass sich Schweden in ihrer Freizeit am liebsten über Liebe unterhalten. Unterstützt wird der Schweden-Import von einer japanischen Tanzgruppe, das unspektakuläre Bühnenbild entspricht der Schlichtheit der damaligen Fernseh-Zeit und aufgrund der mit Kabel angebundenen Mikrofonen beschränkt sich die tänzerischen Leistung der ABBA-Frauen auf ein sanftes Wippen mit den Hüften.
Nachdem ABBA in dieser Fernseh-Show den Japanern einen Vorgeschmack auf „Voulez Vous“, dem anstehenden neuen Album, mit „If It Wasn’t For The Nights“ gegeben hatten, war es um die Insulaner geschehen. Diese Show hatte die Japaner mit dem ABBA-Virus infiziert und fortan wurden die Schweden für ihre Musik und ihre Shows geliebt und verehrt.
An Bonus-Material findet sich auf der DVD eine Dokumentation hinter den Kulissen der Show wie auch eine alternative Version von „If It Wasn’t For The Nights“. Im Booklet finden sich noch zusätzliche Erläuterungen zum Japan-Besuch der vier Schweden von Carl Magnus Palm wie auch Bilder aus den zahlreichen Fernseh-Auftritten in Fernost. Dazu gibt es Abbildungen japanischer Platten-Cover.
ABBA-Fans werden diese Doku sicherlich den Verkäufern aus den Händen reißen und verschlingen, da es sich um eine Fernseh-Sendung handelt, von der höchsten eingefleischte Hardcore-Fans wussten. Die Scheibe bietet 81 Minuten Nostalgie in Dolby Digital Stereo und 4:3 Bild und damit einen erneuten Beweis der früher belächelten Genialität von ABBA, die inzwischen jeder zugeben wird.

Pascal May