"Vespertine" und "Vesper" sind umfassende Worte. Sie umschreiben Dinge aus der Botanik, Zoologie, Astronomie, den Geist und den Rhythmus des Universums. Ob es nun eine Blume ist, die sich nur abends öffnet, ein Tier, das abends aktiv wird, das Abendgebet, der weibliche Star eines Nachtclubs, der Sonnenuntergang und die Abenddämmerung.
Bereits beim Titel lässt die isländische Sängerin Björk keine Zweifel daran, dass sie anders ist als alle anderen Künstler im Musik-Bereich.
Nun hat sie mit "Vespertine" ein neues Album vorgelegt, das sich ganz sicher in keine Schublade packen lässt. Ihr ungewöhnlicher Zugang zu Musik hat mit "Vespertine" neue Dimensionen angenommen. "Es wurde viel improvisiert und ganz unterschiedliche, ungewöhnliche Geräusche eingesetzt", erzählt sie nicht ohne Stolz. Unglaublich emotionale Lieder, wunderschöne Melodien und innovative Arrangements reihen sich nebeneinander, dass man es kaum fassen kann.
Mit 13 Jahren hat Björk ihre ersten Punkbands gegründet, der große Erfolg kam jedoch erst einige Jahre später, als die "Sugarcubes" zuerst Island, dann die musikalische Welt erschütterten. Ihr ausgefallener Kleidungsstil, ihre Persönlichkeit und ihr ganz eigener Gesangsstil trafen den Nerv der Zeit. Seit dem war Island kein weißer Fleck mehr auf der musikalischen Landkarte.
Jazz, Hip-Hop, Big Band-Sound, Streicherparts, Björk ist zu allem bereit, solange es für sie gut klingt. So verwundert es auch nicht, dass sich als Liedtext von "Sun In My Mouth" Gedichte des amerikanischen Schriftstellers e.e. cummings aus dem Jahr 1925 wiederfinden. Schneeflocken im Wind, digitale Flüstertöne, kaum wahrnehmbare, seltsame Stimmen, Flüstern in der Dämmerung, alles ist auf "Vespertine" vertreten.
Björk könnte noch tausend Alben aufnehmen, sie wären noch immer so experimentell wie das erste.
Und was will uns Björk mit "Verspertine" mit auf den Weg geben? "Wir sind von digitalen Dingen umgeben. Ich glaube, es ist mutiger sich auf den Moment zu konzentrieren als auf andere Dinge. Das ist meine kleine Message." Aha.