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Digital Junkies

Immer mehr Erwachsene wie auch Jugendliche haben Schwierigkeiten mit der immer stärker werdenden Medienflut. Starke Anzeichen von Abhängigkeit in Verbindung mit oftmals Existenzgefährdung bzw. depressiven Ausmaßen werden bei Personen festgestellt, die die Medienambulanz von Bert te Wildt aufsuchen. Die häufigste Form sind die online-Spielsüchtigen, die 16 Stunden und mehr am Tag ohne Unterbrechung spielen. Dass da keine Zeit mehr für Schule oder Beruf bleibt ist klar, vom vernachlässigten Freundeskreis ganz zu schweigen. Im besten Fall bleiben ratlose, alarmierte Eltern. Aber auch der ständig präsente und verfügbare Cybersex ist ein Thema mit der ständigen Suche nach dem nächsten Kick. Und die stete Präsenz in den sozialen Medien, in Foren jeder Art oder in Chats tun ihr übriges. Wer internetabhängig ist, geht meistens mit Depressionen einher, deren Folge soziale und emotionale Verarmung sein können. Im schlimmsten Fall droht gar der Suizid.

Bert te Wildt widmet sich dieser rasch ausbreitenden Krankheit, erklärt Risikofaktoren, wie sie eingrenzbar sind und wie wir uns und unsere Kinder vor Internetabhängigkeit schützen können.

Bert te Wildt behandelt Internet- und Computerspielabhängige als Oberarzt an der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie des LWL-Universitätsklinikums der Ruhruniversität Bochum. Er ist Mitbegründer des Fachverbandes Medienabhängigkeit und hat sich zum Thema Medienabhängigkeit habilitiert. Sein Buch „Medialisation: Von der Medienabhängigkeit des Menschen“ ist 2012 erschienen.

Sind die elektronischen Medien Fluch oder Segen für die Menschheit? Diese Frage stellt sich nahezu einem jeden von uns oder sie sollte sich jedem stellen. Egal ob man selbst davon betroffen ist oder im täglichen Umgang mit der Umwelt und insbesondere in Familien mit Kindern: Ständig ist ein elektronisches Medium präsent. Genau auf dieses Thema geht Bert te Wildt ein. In sechs Teilabschnitten geht er das Thema Internetabhängigkeit und ihre Folgen an.

Sauber wissenschaftlich aufbereitet betrachtet er die Phasen der Entdeckung, verschiedene Varianten, Ursachenforschung, Wege aus der Sucht und deren Behandlung, Prävention sowie das was noch auf uns zukommen kann. Viele Dinge, die wir aus unserem Erfahrungsbereich kennen, werden durch ihn beleuchtet und insbesondere bei der Erziehung unserer Kinder ist er durchaus berechtigterweise kritisch, ob diese frühe Mediennutzung für Kinder Sinn macht.

"Digital Junkies" ist ein Buch, das auf 384 Seiten umfassend unsere moderne Problemwelt Internet in allen Facetten betrachtet und einen zum Grübeln bringt. Anspruchsvoll geschrieben, aber durchaus als Informationslektüre für besorgte Eltern und potenziell Süchtige zu empfehlen. Sein Appell wie auch seine Prognose, dass eine zeitweise persönliche medienfreie Zeit erstrebenswert ist, wird in der Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen.

Michael Müller
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