Der Ex-FBI-Direktor über die Unterwanderung des amerikanischen Justizsystems
Mit der Vereidigung von Donald Trump zum US-Präsidenten von im Jahre 2017 änderte sich in den Vereinigten Staaten von Amerika in vielen Bereichen so ziemlich alles. Einer seiner einzigartigen Feldzüge galt der unabhängigen Justiz des Landes. Er untergrub während seiner Amtszeit das Vertrauen, welches Richter, Staatsanwälte und Ermittlungsbehörden bis zu dieser Zeit beim amerikanischen Volke aufgebaut und genossen hatten. Mit seiner zerstörerischen Absicht gelang es Trump und seinem unterwürfigen Gefolge, das Vertrauen in diese Instanzen nahezu zu zerstören oder zumindest den Glauben, ob es noch so etwas wie Wahrheit und Gerechtigkeit gibt, massiv zu destabilisieren. Die unabhängige Justiz steht nach seiner Präsidentschaft am Abgrund – und mit ihr die Demokratie ebenfalls.
James Comey, in der Amtszeit von Trump gefeuerter FBI-Direktor, wirft als einer der profiliertesten Trump-Kritiker in diesem geschichtsträchtigen Moment seinen Blick zurück auf seine Tätigkeit als Staatsanwalt und Justizbeamter. Er berichtet über seinen lebenslangen Kampf für die Wahrheit, die in der jetzigen Zeit unter Beschuss steht. Comey erzählt von fesselnden Ermittlungen, Kriminalfällen und Gerichtsprozessen. Egal wer ihm gegenüber auf der Anklagebank saß, vom Versicherungsbetrüger über den New Yorker Mafiaboss bis hin zum islamistischen Terroristen, alle wussten, dass ihnen die Wahrheit zum Verhängnis werden konnte, nicht Comey selbst. Er zeigt mit seinem aufwühlenden Bericht Amerikas mühsamen Weg, die tiefen Wunden zu heilen, um dann vielleicht irgendwann wieder zum weltweit bekannten Leuchtturm der Gerechtigkeit zu werden.
James B. Comey, Jahrgang 1960, absolvierte ein Jurastudium und arbeitete danach bei der New Yorker Staatsanwaltschaft. Schon 2003 stieg er in der Regierung Bush zum stellvertretenden Justizminister auf. Im Jahre 2013 wechselte er als Direktor zum FBI. Trump feuerte ihn 2017, nachdem Comey nicht bereit war, die Russland-Ermittlungen gegen die Mitarbeiter Trumps einzustellen.
Sein erstes Buch, „Größer als das Amt“, war bereits ein weltweiter Bestseller. James B. Comey ist verheiratet und hat fünf Kinder.
Selbst nach dem Wahlsieg von Joe Biden ist Amerika mehr denn je eine Demokratie mit tiefen Rissen „dank“ den Trump-Jahren. James Comey versucht mit „Nichts als die Wahrheit“ eine Art „Wiederaufbau“ zu starten, indem er schonungslos die Machenschaften und Wege der Trumpschen Herrschaft aufzeigt, ohne freilich als der große Abrechner zu wirken. Gleichzeitig bringt er aber auch Lösungsansätze, die hoffentlich zu einem erneuten Vertrauen in den Staat führen. Er führt den Leser anhand seiner eigenen Laufbahn in das amerikanische Justizsystem ein und untermauert dies mit spektakulären Fällen aus seiner Zeit als Ermittler und Staatsanwalt. Es gelingt ihm, die Grundregel der Gerechtigkeit, nämlich die Wahrheit zu finden, mit seinen Beispielen sehr plastisch an den Leser zu bringen. Dadurch wird einem sehr deutlich bewusst, dass diese Wahrheitsfindung nicht von Beeinflussungen auf Regierungs- wie auch anderen Seiten abhängen kann und darf. In meinen Augen kommt diese Herzensangelegenheit unter anderem auch deutlich zum Ausdruck, wenn er von seiner Zeit als Anwalt berichtet, in der er immer zum Wohle seines Mandanten agieren müsste, und nicht, wie als Staatsanwalt, auf der Suche nach der Wahrheit ist.
"Nichts als die Wahrheit" ist interessant geschrieben, klar strukturiert aufgebaut und beeindruckt durch seine schonungslose Offenlegung der Fakten, die nicht nur die Fehler aus der Zeit Donald Trumps aufzeigen. Jedes Kapitel wird mit einem Zitat eingeleitet und das Buch ist in vier Teile aufgeteilt, die alle mit einem kleinen Vorwort beginnen.
Wer einen detaillierten Einblick in das amerikanische Justizsystem und seine Entwicklung haben möchte, ist bei diesem lesenswerten Buch absolut an der richtigen Stelle gelandet.
288 Seiten, Droemer Hardcover Verlag, 20 Euro.