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Benedetta

Manche Regisseure können sich ein Leben im Ruhestand gar nicht vorstellen, und so drehen sie weiterhin Film um Film. Einer dieser Regisseure ist zweifellos Clint Eastwood, der auch im hohen Alter von 91 Jahren noch Drehbücher schreibt, Filme inszeniert und mitunter auch selbst vor der Kamera steht. Ein weiterer Vertreter dieser Zunft ist der niederländische Filmemacher Paul Verhoeven, der auch mit 83 Jahren noch alles daran legt, mit seinen Filmen zu provozieren. Sein neuestes Werk, "Benedetta", ist nun für das Heimkino verfügbar.

Italien im 17. Jahrhundert. Die kleine Benedetta wäre bei ihrer Geburt fast gestorben. Ihr Vater bittet Gott, sie am Leben zu lassen, dafür würde Benedetta ihm ihr Leben widmen. So kommt es, dass die kleine Benedetta, die sich der Jungfrau Maria und Jesus besonders verbunden fühlt, im Alter von nur neun Jahren von ihren Eltern ins Kloster nach Pescia gebracht wird, wo sie nach Zahlung der Mitgift aufgenommen wird. 18 Jahre später erscheint ihr immer wieder Jesus, der durch seine Braut spricht. Für große Aufregung sorgt sie, als die Wundmale Christi an ihrem Körper auftreten und nicht aufhören wollen, zu bluten. Trotz anfänglicher Zweifel an der Echtheit der Stigmata steigt Benedetta als "Auserwählte Gottes" zur Äbtissin auf, ihre deutlich lebensältere Vorgängerin muss zurücktreten. Von nun an genießt Benedetta Privilegien in der Ordensgemeinschaft: Sie erhält eigene Gemächer und die Nonnenschülerin Bartolomea dient an ihrer Seite. Bartolomea ist die Tochter eines Schäfers, die von ihrem Vater und ihren Brüder missbraucht wurde und deswegen ins Kloster geflohen ist. Das einfache Mädchen hat keine Bildung genossen, führt aber die neue Mutter Oberin Benedetta in die Geheimnisse körperlicher Lust ein. Während vor den Toren der Stadt die Pest wütet, sinnt die ehemalige Klostervorsteherin Felicita mit Hilfe des Nuntius, der selbst den fleischlichen Gelüsten nicht abgeschworen hat, auf Rache und will dem verbotenen Treiben ein Ende setzen, koste es, was es wolle.

Der Film liegt auf BluRay in der deutschen und französischen Sprachfassung (DTS-HD MA 5.1) vor. An Extras finden sich auf der blauen Scheibe die Featurettes "Der Weg ins Kloster" und "Über die Entstehung von Benedetta" sowie ein Interview mit Regisseur Paul Verhoeven.

Seit seinem Film "Türkische Früchte" aus dem Jahr 1973 gilt der studierte Mathematiker und Physiker Verhoeven als Meister der Provokation. In vielen seiner Filme wird an ausufernder Gewalt und Sexualität in jeder Variation nicht gespart, und so sind sie oft Gegenstand heftiger Reaktionen bei Kritik und Publikum. Als offizielle Auswahl für das Filmfestival in Cannes 2021 sorgte "Benedetta" für großes Aufsehen, denn das erotische Historiendrama lässt Religion und Sexualität auf spektakuläre Weise aufeinander prallen.
Die Hauptrolle der auffallend hübschen Benedetta übernahm die ehemalige Fernsehmoderatorin und heutige Schauspielerin Virginie Efira, die bereits für "ELLE" mit dem niederländischen Regisseur gearbeitet hatte. Niemand sonst spielt unterkühlte und wenig empathische Rollen so überzeugend wie Charlotte Rampling, die die Äbtissin Felicita spielt. In weiteren Rollen sind Daphné Patakia, Lambert Wilson, Olivier Rabourdin, Louise Chevillotte und Clotilde Courau zu sehen.

Auch mit "Benedetta" verteidigt der Filmemacher Paul Verhoeven seinen Ruf als Enfant terrible des Films, und so lässt er seine Figuren auch in diesem Streifen Gewalt und Sex ausleben. Verhoeven, der das Drehbuch zusammen mit David Birke verfasst hat, erzählt seinen Film angelehnt an wahre Begebenheiten. So gab es im 17. Jahrhundert tatsächlich eine Benedetta, die in einem Theatiner-Kloster in Pescia gelebt hat, und zahlreiche Visionen hatte, Wundmale des gekreuzigten Jesus an Händen, Füßen und der Stirn trug und Jesus durch sie mit ihren Mitschwestern sprach. Dennoch wurde sie aufgrund einer lesbischen Beziehung zu Schwester Bartolomea verurteilt und eingekerkert und starb nach 35 Jahren Haft im Gefängnis.
Doch es wäre nicht Verhoeven, ließe er nicht Zweifel an den Wundern, die an und mit Benedetta erlebt werden. Nicht nur, dass Jesus durch sie spricht, lässt er offen, auch ob es sich bei den Wundmalen wirklich um Wunder oder nicht einfach nur um selbst beigebrachte Verletzungen handelt.
In ihren Träumen erlebt Benedetta teils ausschweifend gewaltsame Visionen mit Jesus, der sein Schwert zieht. Auch zeigt Verhoeven die lesbischen Szenen zwischen Benedetta und Bartolomea sehr ausführlich und explizit. Für Voyeure zu wenig, für gläubige Christen viel zu viel.

Mit Sicherheit hat Paul Verhoeven mit "Benedetta" einmal mehr von sich reden lassen, wobei ihm allein schon die Aufführung seines Films im katholischen Frankreich größte Aufmerksamkeit beschert hat. Die Kirche hat mit diesem Film kein Vergnügen, seine Fans umso mehr.

Pascal May
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