Seit 40 Jahren ist „der Gernstl“ nicht mehr aus dem Bayerischen Fernsehen wegzudenken, und seit dem das dritte Programm aus Bayern durch Satellit, Kabel oder Internet in ganz Deutschland verfügbar ist, kennt man ihn auch außerhalb des Freistaats. Was ist alles passiert, was hat er alles erlebt, und wie ist es überhaupt dazu gekommen, mit seinen beiden Freunden die Republik zu bereisen, um besondere Geschichten zu erzählen? Diese Rückschau als Kinofilm liegt nun für das Heimkino ausschließlich auf DVD vor.
Franz Xaver Gernstl, Hans Peter Fischer und Stefan Ravasz sind seit 40 Jahren in einem Kleinbus unterwegs, und sind auf der Suche. Aber wonach eigentlich? Nach irgendwas, sagen sie darauf. Erst waren nur Gernstl mit seinem Kameramann Fischer unterwegs, aber schnell haben sie gemerkt, dass sie auch ein Tonmann begleiten sollte. Gernstl hat den gelernten Schriftsetzer Ravasz angesprochen, ob er nicht Lust hätte, das Land zu bereisen und sich um den Ton zu kümmern. Drei Wochen später war er mit dabei und hat in Kleinarbeit die Tücken der Tonaufnahme gelernt und perfektioniert. Anfangs haben die drei sogar zusammen in einer WG in München gewohnt und sind dann gemeinsam losgefahren. Irgendwohin, einfach so. Mal lief es gut, dann hatten sie schöne Gespräche aufgenommen, dann lief es wieder nicht so gut und sie waren tagelang unterwegs ohne eine einzige Aufnahme.
Gernstls Sohn Jonas, selbst Filmemacher, befragt die drei Freunde getrennt voneinander, wie denn das Leben auf kleinstem Raum so läuft, ob sie auch streiten, was sie antreibt und wie sie es geschafft haben, vier Jahrzehnte in gleicher Besetzung durch die Lande zu fahren und wann ein Gespräch wert ist, in einer Sendung gezeigt zu werden. Das kommt so einiges zusammen, was die Gernstl-Fans so erfahren und lernen können.
Der Film liegt ausschließlich auf DVD in der deutschen Sprachfassung (Dolby Digital 5.1) und einer Hörfilmfassung vor. Extras gibt es keine.
Wer die Sendung „Gernstls Reisen“ im dritten bayerischen Fernsehprogramm kennt, weiß, worum es geht und wie unterhaltsam ungeplante Gespräche sein können. Da musste einfach eine Rückschau kommen, in der auch von den Anfängen erzählt wird, wie alle drei gelernt haben, wie sie am besten vorgehen, um interessante, kuriose oder besondere Menschen zu treffen, die sich mit ihnen vor laufender Kamera unterhalten. „Gernstls Reisen – Der Kinofilm“, der beim Filmfest München 2023 seine Weltpremiere feierte und danach sehr erfolgreich im Kino lief, erzählt genau das und noch mehr. Da geht es darum, wie man überhaupt auf ein solches Fernsehformat kommt, und wie man es unterhaltsam gestaltet. Da treffen die drei Freunde nach 20, 25 oder mehr Jahren wieder auf Menschen, die sie in ihren Anfängen interviewt haben. Sie zeigen Bilder und Unterhaltungen, die sie unmittelbar nach der Deutschen Einheit in Ostdeutschland geführt haben. Sie erzählen von denkwürdigen Begegnungen, wie von der mit Fuzzy in Wien, dem die Lebensfreude richtig anzusehen war, obwohl er nicht viel hatte. Und sie erklären, wann ein Gespräch gesendet wird: nicht, wenn sich die Leute beschweren, das will niemand sehen, sondern wenn Menschen alles verloren haben oder nie etwas hatten, wenn sie schwere Schicksalsschläge hinter sich haben, und dennoch nie aufgeben, ihren Lebenswillen behalten, das Positive im Leben sehen, dann sind sie fester Bestandteil der Sendung. Sie fangen Lebensgeschichten ein, die einen berühren und die Sendung oder den Film fröhlicher und optimistischer verlassen.
Gernstl, der in den letzten zehn Jahren mit seinen beiden Freunden vor allem im Ausland gedreht hat, ist Träger des Bayerischen Fernsehpreises, mehrer Grimme-Preise und durch seine Produktionen auch Gewinner des Deutschen Filmpreises, hat die Lust am Reisen und Unterhalten noch längst nicht verloren. Auch wenn er sich mit über 70 Jahren längst im Rentenalter befindet, sieht er noch kein Ende seiner Filme. „Einen Bildhauer fragt auch keiner, wann er aufhört“, sagt er gerne. So wird er auch weiterhin Menschen überfallen, sie, ohne selbst viele Worte zu machen, stellen und reden lassen, über ihr Leben und alles, was sie bewegt. Seine Fans werden sich auch weiterhin bestens von ihm unterhalten lassen, wenn die drei Freunde wieder interessante, kuriose oder besondere Menschen getroffen hat, die ihm aus ihrem Leben erzählen. Und hoffentlich tut er das noch sehr lange!
D 2023, 93 Minuten
mit Franz Xaver Gernstl, Hans Peter Fischer, Stefan Ravasz