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VICE - Der zweite Mann

Der US-Schauspieler Christian Bale ist ein Chamäleon. Er spielt seine Rolle nicht, er lebt sie. Er war der abgemagerte Arbeiter in "Der Maschinist", er war "Bat Man", er war der übergewichtige Trickbetrüger in "American Hustle". Nun ist er der ehemalige Vize-Präsident der USA Dick Cheney in "VICE - Der zweite Mann", der nun für das Heimkino vorliegt.

1963 verliert er durch intensives Feiern sein Stipendium in Yale. Nach zweimaliger Alkoholfahrt, bei denen ihn die Polizei erwischt hat, stellt ihm seine Freundin und spätere Frau Lynne ein Ultimatum. Er hört auf zu trinken, heiratet und gründet eine Familie und konzentriert sich ganz auf seine politische Karriere, die er mit einem Praktikum im Kongreß beginnt. Er arbeitet für den Abgeordneten Donals Rumsfeld, dessen Rede ihn nachhaltig beeindruckt hat. Cheney arbeitet sich immer weiter in die politischen Kreise ein und wird ein wichtiger Berater verschiedener Politiker. Nach Ende der Watergate-Affäre und Richard Nixons Rückstritt übernimmt der bisherige Gerald Ford die Geschäfte des US-Präsidenten, und mach Donald Rumsfeld zum Verteidigungsminister, Cheney wird bis dahin jüngster Stabschef im Weißen Haus. Dick Cheney erkämpft sich einen Sitz im Repräsentatenhaus und wird unter der Regierung von Ronald Reagan einer der mächstigsten und einflussreichsten Politiker der 1980er Jahre. George Bush macht ihn zu seinem Verteidigungsminister. Cheneys machthungrige Frau Lynne, die gerne selbst politische Karriere gemacht hätte, wird Vorsitzende des einflussreichen Stiftung zur Förderung der Geisteswissenschaften. Dick Cheney lässt seine Pläne, selbst US-Präsident zu werden, fallen, nachdem seine innerparteilichen Umfrage-Ergebnisse sehr schlecht sind und sich seine Tochter als homosexuell outet.
George W. Bush holt Cheney als seinen Vize-Prüsidenten ins Weiße Haus, wo der zweite Mann seine Macht unbemerkt von der Regierung ausweitet und seine Macht auslebt. Er holt seinen früheren Ziehvater Donald Rumsfeld wieder als Verteidigungsminister in die Regierung zurück und kontrolliert schon bald - direkt oder indirekt - die Verwaltung sowie Verteidigungs-, Energie- und Außenpolitik. Darüber hinaus richtet er sich eigene Büros im Repräsentantenhaus, Pentagon und beim CIA ein. Ohne Dick Cheney ist keine Politik mehr möglich und der US-Präsident ist ihm sogar dankbar dafür, dass ihm sein Vize alle lästigen Aufgaben abnimmt.
Nach den Anschlägen des 11. Septembers 2001 ist es Dick Cheney, der die Kriege im Irak und in Afghanistan durchsetzt, der Foltern lässt und in diverse Wirtschafts-Skandale verwickelt ist. Alles nur zum Schutz seines Landes, der größten Nation der Welt.

Der Film liegt auf BluRay in der deutschen und englischen Sprachfassung (DTS-HD MA 5.1) vor. An Bonus-Material bietet die blaue Scheibe neben einem 35-minütigen Making Of noch geschnittene Szenen sowie das Special "The Music of Power".

Ohne Frage ist "VICE - Der zweite Mann" ein herausragendes Stück der amerikanischen Zeitgeschichte, das Autor und Regisseur Adam McKay geschaffen hat. Zum einen hat er ein grandioses Drehbuch geschaffen, das neben all der ernsten Thematik auch Witz versprüht, doch vor allem lebt der Film von seiner namhaften Besetzung. Allen voran der mit dem Oscar und dem Golden Globe ausgezeichnete Christian Bale, der einmal mehr seine Rolle ausfüllt und lebt und mit jeder Pore zum damaligen Vize-Präsidenten wird. An Seite brilliert Amy Adams als dessen machthungrige Ehefrau Lynne. Beide stellen das politische Power-Paar über einen Zeitraum von rund 60 Jahren dar und ergänzen sich auf der Leinwand ganz hervorragend.
Donald Rumsfeld wird einzigartig durch Steve Carell verkörpert, Sam Rockwell spielt Präsident George W. Bush und Tyler Perry den damaligen US-Außenminister und ehemaligen Vier-Sterne-General Colin Powell. Selbst in den kleinsten Rollen brillieren namhafte Künstler, darunter Alfred Molina als Kellner in einem edlen Restaurant.

Die Rolle und Machtfülle des damaligen US-Vize-Präsidenten Dick Cheney war wohl in diesem Ausmaß selbst in den USA wenig bekannt, in Europa eher gar nicht. Umso erschreckender ist zu sehen, wie leicht und durch welche Umstände an diese Machtfülle gekommen ist, die hauptsächlich auf der „Theorie der einheitlichen Exekutivmacht“ fußt, auf die sich auch der amtierende US-Präsident beruft. Um welch gefährliches Werkzeug es sich dabei handelt, ist kaum bekannt.
Spannend zu sehen sind auch die Interprätationen innerhalb des Weißen Hauses unter Cheney, die unter anderem besagen, dass die USA nicht foltert. Daher könnte es auch nicht sein, dass per Definition den USA Folterungen vorgeworfen werden könnten.

Durch diesen sehr bemerkenswerten Film, der viel zu wenig Beachtung an den Kinokassen gefunden hat, sind Denkweisen und Entscheidungen der US-Regierung einfacher zu verstehen und werden damit transparenter. Beruhigender wird das alles dadurch sicherlich nicht, im Gegenteil.

Bei "VICE - Der zweite Mann" handelt es sich um einen hervorragend geschriebene und brillant gespielten Polit-Thriller, wie man ihn lange nicht gesehen hat. Jeder mit Interesse an Politik wird an diesem Film nicht vorbei kommen, die Fans der Darsteller werden absolut auf ihre Kosten kommen. Ganz klare Empfehlung für Genre-Fans!

Pascal May
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