Nun ist sie also komplett, die „Qatsi“-Trilogie des Filmemachers Godfrey Reggio, die mit ihrem ersten Teil „Koyaanisqatsi“ den Komponisten Philip Glass einem breiteren Publikum bekannt machte. Die Idee, einen Film ohne Dialoge nur durch Verfremdung der Bilder und den rauschhaften Minimalismus der Musik zu dramatisieren war und ist bestechend, so dass wir schon auf „Naqoyqatsi - Life as war“ neugierig sein dürfen.
Schon der Titel-Track schließt den Kreis der Trilogie: Ein Chor intoniert monoton und düster wie zu Beginn von Koyaanisqatsi einen Singsang des Wortes Naqoyqatsi, nur um sehr schnell von einem neuen Element abgelöst zu werden: Der weltbekannte Cellist Yo-Yo Ma trägt mit seinem Spiel eine sehr menschliche und sehnende, ja melancholische Note bei. Dies alles natürlich im Kontext der typisch Glass’schen Minimalistik.
Diese ist allerdings im Gegensatz zu den beiden Vorgängern hektischer und voller Brüche. Ein starker Einsatz von Percussion-Instrumenten hebt die Musik ebenfalls von ihren Vorgängern ab. Maultrommel, Tambourin, sogar Kastagnetten und großer chinesischer Gong und viele andere führen die an sich so bekannte Klangwelt von Philip Glass sowohl auf rhythmischer als auch dramatischer Ebene zu neuen Ufern.
Und diese neue Bandbreite wird besonders deutlich zwischen dem Track „New world“ - ein Cello-Solo, nur unterstützt von einem Gong, welches sehr verstörend wirkt – und dem nachfolgenden Stück „Religion“, welches durch großartige, triumphale Tutti der Musik, unterstützt von Tubular Bells, die volle Pracht des Orchesters zur Geltung bringt.
Ähnlich „Old world“ und das nachfolgende „Intensive Time“: wieder steht das nur von einem Marimbaphon unterstützte klagende Cello neben einem marzialisch stampfenden Orchester, welches agressiv oder auch erhebend, aber irgendwie trotz des wortlosen überirdischen Soprans nicht wirklich menschlich klingt. Diese Rolle hat das Cello.
Der Soundtrack endet nach 11 Tracks wie er begonnen hat: mit klassischem Glass und dem Skandieren von Naqoyqatsi. Wer Glass bisher mochte wird dieses Werk lieben. Es ist eine klangliche Verquickung der beiden anderen, Koyaanisqatsi und Powaqatsi, zu einem phantastischen Finale. Und auch ohne die Bilder des Films gesehen zu haben kann dieser Soundtrack überzeugen, sofern man Philip Glass mag.
Das Orchester, die Instrumentalisten und natürlich allen voran Yo-Yo Ma spielen präzise und engagiert, und die lupenreine Technik der Aufnahme tut das ihre, um diese 77 Minuten Musik auch klanglich zu einem Erlebnis zu machen.