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Ennio Morricone - Der Maestro

Er gehört zu den bekanntesten und fleißigsten Komponisten von Filmmusik der Welt, in Italien ist er ein Nationalheiligtum: Der Meister der Western-Musik, Ennio Morricone, erzählt in einem berührenden und sehr persönlichen Dokumentarfilm von seinem Leben und seiner Arbeit. Dabei kommen auch viele seiner Wegbegleiter zu Wort, die sehr persönliche Worte zu ihm finden. Der Film, der unter anderem 2022 auf dem Filmfest München zu sehen war, liegt nun auf BluRay und DVD vor.

Oscar-Preisträger Giuseppe Tornatore, den eine über 40 Jahre währende Freundschaft mit dem Komponisten verband, widmet seinem Freund Ennio Morricone kurz vor dessen Tod einen monumentalen Dokumentarfilm. Er überlässt dabei dem Maestro, seinen Melodien und zahlreichen Bewunderern die Bühne. Heraus kommt die Chronik einer langen Karriere, die die ungeheure Bandbreite des Meisters, seinen Experimentierwillen, aber auch die fundamentalen Selbstzweifel zeigt.

Der Film liegt auf BluRay in der deutschen und der italienischen Sprachfassung (DTS-HD MA 5.1) vor. An Extras finden sich die Featurettes "Ennio: Die Demokratie der Töne", "Ennio laut Tornatore" und "Backstage".

Morricone erzählt, dass Filmmusik alles andere als ein beliebtes Metier für Komponisten war, vielmehr war es eine Spielerei, die man mal ausprobieren kann. Dass er dabei bleiben und mehr als 500 Kompositionen für Filme schaffen würde, war zu Beginn seiner Karriere nicht zu erwarten. Fünf Mal war er für den Oscar nominiert, bevor er einen Oscar für sein Lebenswerk erhielt und eine seiner letzten Arbeiten ihm dann tatsächlich den Oscar für die beste Filmmusik bescherte.

1928 in Rom geboren, sollte er zunächst eine grundsolide Ausbildung durchlaufen, und so studierte er am Konservatorium Trompete und Chormusik. Während seiner Ausbildung zum Komponisten wurde er stark geprägt von seinem Lehrer Goffredo Petrassi und schrieb vornehmlich Kammer- und Orchestermusik. Zusammen mit einigen Freunden schloss er sich zu einem Improvisationsensemble zusammen, das Spaß daran hatte, mit Musik und Geräuschen zu experimentieren. Erst 1961 komponierte er seine erste Filmmusik, seinen Durchbruch in diesem Genre hatte er aber erst mit dem Italo-Western "Für eine Handvoll Dollar", in dem sein Schulfreund Sergio Leone Regie führte. In dieser jahrelangen Zusammenarbeit entstand weltbekannte Musik, unter anderem das Mundharmonika-Stück aus "Spiel mir das Lied vom Tod" oder gar Hits aus anderen Filmen Leones. Durch Einbringen untypischer Elemente, wie dem Peitschenknallen, der Maultrommel oder Ambosshieben, schuf er einen ganz neuen Musikstil für Western, der im Genesatz zur symphonischer Musik von Hollywood-Western stand.

Als Komponist für Filmmusik arbeitete er mit vielen bekannten Regisseuren, wie Clint Eastwood, Roland Joffé, Barry Levinson, Bernardo Bertolucci, Quentin Tarantino, Oliver Stone oder Giuseppe Tornatore, für den er gleich dreizehn Filme vertonte. In diesem Film kommen sie zu Wort und beschreiben, was den schüchternen Römer ausmacht, wie schnell er arbeiten konnte, und dass er teilweise sogar schon die Musik fertig komponiert hatte, bevor das Drehbuch fertig war. Regisseure wie Sergio Leone bedinten sich während des Drehs ihrer Filme der Musik, um so die richtige Stimmung am Set zu verbreiten.
Auch Komponisten-Kollegen wie Hans Zimmer, Quincy Jones, Bruce Springsteen oder John Williams kommen in dieser Dokumentation zu Wort und erklären, wie sehr sie von der Arbeit Morricones beeinflusst wurden, und welchen Stellenwert der Italiener in der Welt der Filmmusik einnimmt.

Neben all der Filmmusik hat Ennio Morricone Bühnen- und Kammermusik geschrieben sowie Kantaten und Messen, zum Beispiel für Papst Franziskus oder den UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon.

Eiserne Disziplin und der Wunsch, etwas Neues zu erschaffen, trieben Morricone lebenslang an. Der Komponist, der nie am Instrument, sondern nur am Schreibtisch Noten schrieb, wenn er komponierte, macht klar, wie viel Wissen, Können und Leidenschaft dazu gehört, um Filmmusik zu schreiben.

Ennio Morricone hat den Abschluss der Dreharbeiten dieser Dokumentation noch miterlebt, die Weltpremiere von "Ennio", wie der Film in Italien heißt, hat er am 10.09.2021 nicht mehr miterleben können, nachdem er am 06.07.2020 an den Folgen eines Oberschenkelhalsbruchs verstarb.

Trotz einer Lauflänge von mehr als zweieinhalb Stunden macht "Ennio Morricone - Der Maestro" durchgehend Spaß und hat auch keinerlei Längen, weil es einfach Freude bereitet, dem italienischen Komponisten zuzuhören, wie er von seinem Leben und seiner Arbeit erzählt, und wie sehr ihn seine zahlreichen Wegbegleiter für seine Menschlichkeit und seine Professionalität loben. Ein Film über einen der einflussreichsten Musiker des ausgehenden 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts, der nicht nur Anhänger seiner Filme begeistern wird. Die aber auf jeden Fall!

Pascal May