Die weltweite Corona-Krise hat in alle Bereiche des Lebens eingegriffen, und so waren auch die Kinos von Schließungen nicht verschont geblieben. Bevor die Idee der Auto- und Open Air-Kinos aufgegriffen wurde, half man sich auf anderen Wegen: mit der unmittelbaren Auswertung einiger Filme beim Streaming-Anbieter PrimeVideo von Amazon. Einer dieser Titel war "Der Unsichtbare", der nun auch auf DVD und BluRay vorliegt.
Eigentlich könnte Cecilia Kaas ein schönes Leben haben. Sie lebt in einem wunderschönen und sehr großzügigem Haus direkt am Meer, ihr Lebengefährte ist ein brillanter und sehr wohlhabender Wissenschaftler. Doch Cecilias Leben ist durchzogen von Kontrolle und Gewalt. Im Haus herrscht eine totale Überwachung durch unzählige Kameras, die jeden ihrer Schritte aufzeichnen, und verhält sie sich nicht so, wie es sich ihr Freund Adrian wünscht, droht ihr körperliche Gewalt. Aus diesem Leben in Angst und Schmerz muss sie sich befreien, und so gelingt ihr eines nachts die Flucht aus dem Haus und ihrem bisherigen Leben. Sie kommt bei einem Jugendfreund und dessen Tochter unter, traut sich aus Angst vor Adrian nicht aus dem Haus. Das geht so lange, bis sie vom Adrians Selbstmord erfährt. Mit einer üppigen Erbschaft will sie ein neues Leben beginnen, doch dann beginnen seltsame Dinge, und immer mehr fühlt sie sich beobachtet. Kann es sein, dass ihr Mann doch noch am Leben ist? Hat der geniale Wissenschaftler eine Möglichkeit gefunden, sich unsichtbare zu machen? Und wie soll sie das gegenüber Polizei und Freunden glaubhaft machen? Es beginnt eine Jagd auf den brutalen Peiniger.
Der Film liegt auf BluRay in der deutschen (Dolby Atmos), englischen (Dolby Atmos) und türkischen (Dolby Digital 5.1) Sprachfassung vor. An Bonus-Material bietet die Scheibe neben unveröffentlichten Szenen auch die Featurettes "Mehr von Moss", "Die Vision des Regisseurs mit Leigh Whannell", "Die Darsteller" und "Zeitloser Schrecken".
Die Film-Idee mit unsichtbaren Menschen ist nicht neu. Bereits 1933 kam "The Invisible Man" in die Kinos, der auf dem gleichnamigen Roman von H. G. Wells basierte. Schon damals kam eine ähnliche Filmtechnik wie heute zum Zuge, die man heutzutage "Bluescreen" oder "Greenscreen" nennt. Damals beeindruckte die bisher nie gesehene Tricktechnik. Immer wieder wurde die Geschichte des wahnsinnig-genialen Wissenschaftlers verfilmt, zuletzt im Jahr 2000 als "Hollow Man" mit Kevin Bacon und Elisabeth Shue in den Hauptrollen.
Neu ist in "Der Unsichtbare", dass der Wissenschaftler keine Mixturen zu sich nimmt oder sich welche spritzt, hier geht es um um reine optische Täuschung, was jedoch zum gleichen Effekt führt.
Geplant war eine Neuverfilmung des Stoffs um einen unsichtbaren Wissenschaftler bereits 2007, doch zog sich die Vorproduktion aus verschiedenen Gründen immer weiter hin. Im Januar 2019 kündigte Universal Studios an, dass Geschichten, die auf den Monstern der Universal-Produktionen basieren, komplett neu entwickelt werden und nicht einfach nur erneut erzählt werden sollen. Im Juli 2019 begannen dann die Dreharbeiten zu "Der Unsichtbare" unter der Regie von Leigh Whannell. Der Stoff konnte für Hollywood-Verhältnisse sehr günstig verfilmt werden, und so kostete der Streifen gerade einmal sieben Millionen Dollar. Trotz Corona-bedingter kurzer Auswertung im Kino spielte der Film bisher über 123 Millionen Dollar ein, was auch der Direkt-Auswertung über Amazon zu verdanken sein dürfte.
Produziert wurde der Film von Blumhouse Productions, einem Studio, das sich auf die Verfilmung von Horrorstoffen spezialisiert hat. Drehbuch und Regie übernahm der Australier Leigh Whannell, der Horror-Fans vor allem von den "SAW"- und "Insidious"-Reihen bekannt sein dürfte. Die Hauptrolle der Cecilia übernahm Elisabeth Moss, vor allem bekannt für ihre Serien-Rollen in "Mad Men" und "The Handmaid's Tale".
Man merkt von Anfang an, dass bei "Der Unsichtbare" Spezialisten des Horror-Genres am Werk waren, wenn sich der Schrecken für die Zuschauer ganz leise anschleicht, und in schockierenden Bildern mündet. Bemerkenswert sind die Kampfaufnahmen mit dem Unsichtbaren und die expliziten Nahaufnahmen der gezeigten Morde. Dennoch ist aus dem Stoff kein wildgewordener Splatter-Film mit unnötigen Metzeleien und literweise Blut geworden. Die Spannung wie auch der Schrecken sind wohldosiert in eine sehr spannende Handlung verpackt, so dass der Zuschauer erst am Ende seine durchgehende Anspannung bemerkt.
Mit früheren Verfilmungen der Geschichte um einen unsichtbaren Wissenschaftler hat "Der Unsichtbare" nicht mehr viel gemein. Leigh Whannell hat es geschafft, den Stoff ohne Verlust an Spannung in die Gegenwart zu transportieren, und ihn in einen weitgehend glaubhaften Plot zu verpacken. Gab es in den bisherigen Verfilmungen hier und da mehr Action, war dies der Effekthascherei geschuldet, mit der man neue Trickverfahren ausprobieren wollte, und diese möglichst oft im Film unterzubringen versucht hat.
Wer sich gerne erschrecken und sich auf eine ganz neue Geschichte eines bekannten Stoffs einlassen kann, wird mit "Der Unsichtbare" bestens unterhalten. Blumhouse Productions und Leigh Whannell halten, was sie versprechen, und dazu gibt es eine großartige Elisabeth Moss in der Hauptrolle zu sehen. Mehr kann man sich als Genre-Fan nicht wünschen!
USA 2020, 124 Minuten
mit Elisabeth Moss, Oliver Jackson-Cohen