Der 24. James Bond-Film ist da. In den vergangenen Wochen und Monaten konnte man den Produktionsprozess hautnah online mit verfolgen, mit Specials, Interviews und Bildern vom Set. Nachdem "Skyfall" mit einem weltweiten Einspielergebnis von 1,1 Milliarden Dollar der erfolgreichste Bond-Film aller Zeiten war, mussten sich die Produzenten für "James Bond 007: SPECTRE" ganz schön was einfallen lassen.
Doch schon vor Filmstart wie auch am Premierentag hat "James Bond 007: SPECTRE" bereits Rekorde aufgestellt: Der Titelsong von Sam Smith, "Writing's On The Wall", schaffte es als erster Bond-Song überhaupt auf Platz eins der britischen Charts. Selbst der Oscar-prämierte Song "Skyfall" schaffte es damals "nur" auf Platz zwei. Als der neue Bond-Film am Tag seiner Weltpremiere landesweit in Großbritannien anlief, spielte er unglaubliche 6,8 Millionen Pfund ein. Und mit 148 Minuten Länge ist dieser Film sogar noch 5 Minuten länger als "Skyfall" und somit der bisher längste Bond-Film der Reihe.
Doch ist der Familie Broccoli mit Bond 24 wirklich ein echter Coup gelungen, der alle anderen Bond-Filme in den Schatten stellt?
Die Story von "James Bond 007: SPECTRE" ist recht komplex, und verbindet alle bisher da gewesenen Bond-Filme miteinander. Ein sehr großer Anspruch.
Der Zielgruppe, die inzwischen reihenweise Fernsehserien konsumiert, wollte man ein ähnliches Erlebnis mit der Welt des James Bond bieten, und so hängt die Handlung der Filme von "Casino Royale" bis "SPECTRE" unmittelbar zusammen. Dazu nimmt der neue Film Referenz auf alle Bond-Filme, insbesondere die aus der Zeit von Sean Connery.
James Bond ermittelt auf eigene Faust in Mexico, wo sein Handeln nicht unbemerkt bleibt. M bleibt nichts anderes übrig, als 007 zu suspendieren. Gleichzeitig soll das Doppelnull-Programm wie auch der gesamte Geheimdienst MI6 abgeschafft werden, um ihn durch einen Zusammenschluss internationaler Überwachungsdienste zu ersetzen. Bond, obwohl außer Dienst, ermittelt auf eigene Faust die Hintergründe von "SPECTRE"
Was macht einen Bond-Film aus und wie steht es da mit "James Bond 007: SPECTRE"?
Der Vorspann. Maurice Binder hat jahrelang den Look des Vorspanns zu den Bond-Filmen geprägt, und in dessen Tradition ist auch der Vorspann zu "James Bond 007: SPECTRE" zu sehen. Ungewöhnlich dabei ist, dass Bond mit freiem Oberkörper zu erkennen ist, und dass Bilder und Szenen aus früheren 007-Filmen eingearbeitet wurden.
Musik. Mit großem Orchester erlebt man das Bond-Thema in verschiedenen Variationen, die mitunter an frühere Soundtracks angelehnt sind. Der von Sam Smith interpretierte Bond-Song ist stellenweise sehr hoch gesungen, trifft aber rundherum die Stimmung dieses Streifens.
Frauen. Insgesamt gibt es im 24. Bond-Film drei Bond-Girls. Das erste, in Mexico-City, rührt er überhaupt nicht an, das zweite, in Rom, geht als ältestes Bond-Girl in der Filmgeschichte ein und hat nur einen kurzen Auftritt. Neu ist, dass beide den Flirt mit dem Geheimagenten überleben. Bond-Girl Nummer drei ist Psychologin und steht dem Agenten ihrer Majestät in der zweiten Filmhälfte zur Seite.
Gimmicks. Auch in "James Bond 007: SPECTRE" wartet Bond vergebens darauf, tolle, neue Spielzeuge zu bekommen, schließlich ist er ja suspendiert. Einzig eine Armbanduhr wird ihm von Q überreicht.
Bösewichte. Franz Oberhauser behauptet, Bond schon lange zu kennen, doch offiziell ist dieser Oberhauser tot. Er scheint die geheime Organisation der weltgrößten Verbrecher zu führen, kommt aber auch erst in der zweiten Filmhälfte richtig in Erscheinung. Christoph Waltz reiht sich mit seinem schmierigen Spiel problemlos mit seiner Figur in die Top 5-Bösewichte ein.
Dazu gibt es einen schier unkaputtbaren Bösen, Mr, Hinx, der in dieser Organisation aufsteigen möchte, aber nicht wegen seiner Sprachgewandtheit sondern eher wegen seiner körperlichen Stärke. Oberhausers Gehilfe ist er aber nicht.
Autos. Der neue Aston Martin DB10 ist in einer rasanten Verfolgungsjagd durch Rom zu sehen, der verunfallte DB5 nur in Teilen.
Action. Die Zeit der Ski-Stunts aus den 1970er und 1980er Jahre sind endgültig vorbei, nun müssen im Schnee größere Geschütze her halten. Helikopter kommen in "James Bond 007: SPECTRE" öfter vor als Autos, dafür sind die Stunts damit wieder atemberaubend und neu. Einen Hubschrauber, der einen Looping dreht, sieht man nicht so oft.
Exotische Schauplätze. Hier bleibt es eher übersichtlich, und so bewegt sich Bond zwischen Mexico-City, London, Rom, Tanger und Altaussee. Zahlreiche Kamerafahrten erinnern aber an frühere Bond-Filme, darunter die Zugfahrt mit Madeleine Swann.
Wirklich neu: Zum ersten Mal sieht man James Bonds Wohnung, ebenso das Zuhause von Miss Moneypenny.
"James Bond 007: SPECTRE" ist kein typischer Bond-Film, reiht sich aber bestens in die Reihe um Bond-Darsteller Daniel Craig ein. Mit Sicherheit wird er an den Erfolg von "SPECTRE" anknüpfen können, denn für alles andere war die Ankündigung und das Schüren der Vorfreude auf den Film in multimedialer Weise zu groß. Die Action-Szenen fühlen sich aber so an, als hätten man sie noch chirurgisch in den Film ergänzt, weil sie eben zu einem Bond-Abenteuer gehören, man hätte aber genauso darauf verzichten können. Genial sind die Schlagabtausche zwischen Bond, M und Q, die auch als Kammerspiel bestens funktionieren würden. Erinnert James Bond zu Beginn des Films eher an die witzig-lockere Figur des britischen Geheimagenten, die Roger Moore geprägt hat, wird 007 spätestens nach dem Vorspann wieder ernst und steif. Immerhin trinkt er seinen Wodka Martini, anders als in den drei Vorgänger-Filmen, nun wieder "geschüttelt, nicht gerührt".
Um "James Bond 007: SPECTRE" verstehen zu können, muss man die lange Reihe der Bond-Filme nicht zwangsläufig kennen, aber der Genuß erhöht sich deutlich, wenn man insbesondere die Filme der 1960er Jahre kennt.
Fraglich bleibt, ob Daniel Craig, wie bereits mehrfach angekündigt, nun wirklich nicht mehr in der Figur des Agenten ihrer Majestät auftreten und tatsächlich aufhören will. "James Bond 007: SPECTRE", den der Hauptdarsteller mitproduziert hat, endet daher eher unspektakulär und so, als würde man hier tatsächlich ein Ende sehen. Die Konflikte von 007 scheinen gelöst und er kann nun befreit in eine neue Zukunft gehen. Oder ändert er am Ende doch noch einmal seine Meinung, wie es bei seinen Vorgängern auch immer wieder passiert ist?
Doch an ein Ende möchte man hier noch nicht denken, und so sollten die Fans "ihren" James Bond so genießen, wie sie ihn am liebsten sehen. Ob auch der 24. Bond-Film an den großen Erfolg des Vorgängers anknüpfen kann, bleibt anzuwarten, die Vorzeichen dafür stehen aber sehr gut!
UK 2015, 148 Minuten
mit Daniel Craig, Christoph Waltz