Die Filme des US-amerikanischen Regisseurs Darren Aronofsky waren schon immer etwas speziell, insbesondere seine letzten Werke "mother!" oder "Jackie: Die First Lady". Doch mit seinem neuesten Werk "The Whale" hat er sich lautstark zurück gemeldet und zahlreiche Preise weltweit eingesammelt. Nun liegt der Film auch für das deutsche Heimkino auf BluRay und DVD vor.
Charlie lebt alleine, obwohl er das gar nicht mehr kann, denn er ist lebensgefährlich fettleibig. Der Freitod seines Partners Alan, seiner großen Liebe, für die er vor acht Jahren Frau und Kind verlassen hat, hatte bei Charlie zu einer selbstzerstörerischen Fresssucht geführt. Jetzt wiegt der Literaturprofessor um die 300 Kilo, sein Blutdruck steigt ins Unermessliche – laut seiner Krankenschwester Liz hat er nicht mehr lange zu leben. Doch er hat sich in seinem Leben eingerichtet, streng abgeschirmt vor der Welt, die er längst nicht mehr betreten kann. Er hält online Vorlesungen für seine Studenten, zeigt sich aber nie selbst per Kamera. Jeden Abend bekommt er mehrere Pizzen geliefert, für die er dem Pizzaboten Dan das Geld im Briefkasten hinterlegt. Und jeden Tag kommt Liz zu ihm, um ihn zu untersuchen und medizinisch zu versorgen.
Auch als Charlies Blutdruck jenseits der 230 liegt, möchte er nicht ins Krankenhaus, lieber versucht er, sich alleine zu beruhigen, um so weiterleben zu können. Doch er weiß, dass es jederzeit mit ihm vorbei sein kann.
Seine Chance auf Versöhnung mit seiner Tochter Ellie sieht Charlie endlich gekommen, als sie eines Tages vor seiner Tür steht. Doch der fettleibige Vater stößt bei dem tief verletzten Teenager nur auf Ablehnung, sie schreit ihn an und lässt ihn dabei wissen, dass er sie anekelt. Das wütende Teenager-Mädchen wird nur noch wütender, da hilft es auch nicht, dass Missionar Thomas scheinbar durch Gott zu Charlie geführt wird.
Der Film liegt auf BluRay in der deutschen und englischen Sprachfassung (DTS HD-Master Audio 5.1) vor, an Extras findet man die Specials "People Are Amazing - The Making Of The Whale", "Sounds Of The Sea: Scoring The Whale", Interviwes mit den Darstellern Brendan Fraser, Hong Chau und Sadie Sink sowie Interviews mit Brendan Fraser und Drehbuchautor Samuel D. Hunter".
Was gleich als erstes an dem Film auffällt ist, dass er im alten Fernsehformat 4:3 gedreht wurde. Regisseur Darren Aronofsky hat sich bewusst dazu entschieden, um so eine noch größere Enge von Charlies Wohnung zu erzeugen, was bestens gelingt. Der gesamte Film spielt fast nur in Charlies Wohnzimmer, mal abgesehen von kurzen Szenen im Bad und im Schlafzimmer, was nicht verwunderlich ist, da der Streifen auf dem gleichnamigen Theaterstück von Samuel D. Hunter, der auch das Drehbuch geschrieben hat, basiert. Beide Bücher basieren lose auf den eigenen Erfahrungen von Hunter, der ebenso wie Charlie unter Fressattacken litt und seitdem gut 65 Kilogramm abgenommen hat.
Gespielt wird Charlie von Brendan Fraser, mit dem seit "Tintenherz" aus dem Jahr 2008 kaum noch jemand in Hollywood gerechnet hat, und der nun in seiner aktuellen Rolle wieder voll da ist! Er frisst, würgt, kämpft, und schluchzt sich durch den Film, jeden Drehtag hat er sich einen 135 Kilogramm schweren Fatsuit angelegt und ertrug stundenlang die Maske, die ihn zum schwer adipösen Charlie machte. Sein Spiel ist einfach großartig, sehr nuanciert, so dass er jede Facette des menschlichen Daseins abdeckt. Für diese überragende Leistung hat er den Oscar für die beste männliche Hauptrolle bekommen.
Doch auch die wenigen Nebenrollen zeigen vollen Einsatz, und so wurde auch Hong Chau, die die Krankenschwester Liz spielt, für einen Oscar nominiert. Darüber hinaus erhielt "The Whale" auch einen Oscar für "Bestes Make-up".
Charlies Tochter Ellie wird von Sadie Sink verkörpert, die den wütenden Teenager bereits sehr überzeugend in "Stranger Things" gespielt hat, und nun noch etwas mehr Wut auf ihren Vater rauslassen kann.
Noch keiner seiner Filme waren Wohlfühlfilme oder Streifen, aus denen man leicht und heiter hinausgeht. Wie in einiger seiner vorhergehenden Filme lässt Regisseurs Darren Aronofsky offen, ob die Hauptpersonen nun gestorben ist oder nicht. Auch ist hier wieder die Schuld und die Hoffnung, sein Leben selbst in den Griff bekommen zu können, ein wiederkehrendes Motiv des US-Regisseurs.
"The Whale" muss man sehen wollen, weil man sich komplett auf ihn einlassen muss. Nur nebenher laufen lassen funktioniert hier nicht, und auch als gemütlicher Samstag Abend-Film mit Bier und Popcorn funktioniert der Streifen nicht. Wer sich aber darauf einlassen möchte, wird an der Tour de Force von Brendan Fraser teilhaben, mit ihm mitfühlen und -leiden und spüren können, dass er den Oscar für seine darstellerische Leistung verdient hat!
USA 2022, 117 Minuten
mit Brendan Fraser, Sadie Sink