Dies ist der erste Fall für die Heidelberger Kommissare Alex Schwerdt und Sofija Markovic in dem sie zusammen ermitteln. Die Zwei könnten gar nicht unterschiedlicher sein. Markovic wird von ihren Mitarbeitern die „Kaltfront“ genannt. Sie ist 42 Jahre alt, lebt in einer festen Beziehung mit der Rechtsmedizinerin Dr. Tanja Wilhelm zusammen und brennt für ihren Job. Vom Wesen her eher unterkühlt, ist sie die Chefin des Dezernats für Kapitaldelikte. Ihr neuer Kollege Namens Schwerdt, 34 Jahre alt, eher unkonventionell auftretend und arbeitend, trägt den Spitznamen „Der Nerd“ und ist glücklicher Single. Er lebt mit seinem Kater Frodo alleine und liebt Lakritzschnecken über alles. Aber es gibt nun einen bizarren Fall, in dem sie gemeinsam ermitteln sollen. Eine 22-jährige Frau wurde vor einigen Jahren von einem Mann belästigt, ins Gebüsch gezogen und auf brutale Weise mit einem Baseballschläger schwer misshandelt, so dass sie einige Zeit später an ihren Verletzungen starb. Dieser brutale Übergriff wurde damals noch von einer zweiten Person gefilmt und der Filmclip ins Darknet gestellt. Die Bemühungen der Eltern des Opfers führten zu keinem Erfolg, diese schreckliche Tat aus dem Netz zu löschen, und somit sahen etwa fünf Millionen Menschen die schrecklichen Bilder. Es tauchen noch immer neue Kopien davon auf. Doch anhand des Videos konnte man schließlich den Täter ermitteln und er wurde zu einer längeren Haftstrafe verurteilt. Von dem Filmer fehlte jedoch jegliche Spur.
Der verurteilte Mörder Lukas Schneider wurde nun vorzeitig aus seiner Haft entlassen. Niemand weiß, wo er sich aufhält, aber seit seiner Freilassung passieren seltsame Dinge in Heidelberg. Gleich nach Bekanntwerden seiner Entlassung ruft ein Online-Mob sofort zur Lynchjustiz auf. In der Stadt wird eines Tages eine abgetrennte Hand gefunden. Die Hand gehört zu Schneider, den die Kommissare aber weiterhin nicht auffinden können. Es gibt zwar bald erste Erfolge in den Ermittlungen, doch der Fall wird immer rätselhafter, je mehr Hintergründe die beiden Kommissare über die Tat dazu herausfinden. Handelt es sich hier um einen selbsternannten Henker, der wie früher im 17. Jahrhundert in der Stadt tätig war, oder führt die Spur etwa in die JVA? Die Kommissare versuchen, die Wahrheit herauszufinden und sie ahnen, dass sie sehr wahrscheinlich einem alten und grausigen Geheimnis auf der Spur sind.
Der Autor Kilian Eisfeld arbeitete zunächst als Sozialarbeiter in einer psychiatrischen Klinik, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Als Daniel Wolf verfasste er zahlreiche historische Bestseller, die sich bislang über eine Million Mal verkauften. „Wahnspiel“ ist sein erster Kriminalroman. Anfang des Jahrtausends wohnte er eine Weile über einer der populärsten Kneipen Heidelbergs, ehe er nach Speyer zog, wo er heute lebt und arbeitet.
"Wahnspiel" beginnt mit einem sehr spannenden Prolog, der in die Vergangenheit führt. Dann flacht die Spannung etwas ab und der Autor erzählt in der Gegenwart von den Ermittlungen der beiden Kommissare, die anfangs noch etwas langatmig und langwierig erscheinen. Mit dem Finden der Hand nimmt die Geschichte aber dann wieder Fahrt und Tempo auf. Die Ermittlungsarbeit fühlt sich absolut realistisch an und greift ein sehr interessantes und auch sehr großes allgegenwärtiges Thema auf, nämlich die Gewalt an Frauen. Weitere gesellschaftskritische Themen wie Diskriminierung, Rassismus, Lynchjustiz und Cybermobbing sind ebenfalls Teil des Romans und regen zum Nachdenken an. Um dem Lesenden einen näheren Einblick in die Sichtweise und Gedanken verschiedener Figuren zu geben, wird die Geschichte kapitelweise aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt. Dies trägt maßgeblich zu einem besseren Verständnis für die einzelnen Charaktere bei. Im weiteren Verlauf steigt die Spannung dann zunehmend und fesselt den Leser. Und obwohl es auch Kapitel aus Sicht des Täters gibt, bleiben sowohl seine Identität wie auch die Motive lange im Dunkeln.
Von der Story her für mich in gleichem Maße faszinierend wie auch abschreckend. Das gewählte Cover ist passend wie auch ansprechend, die persönlichen Steckbriefe der zwei Hauptakteure im vorderen und hinteren Innenklappenteil finde ich zudem eine tolle Idee und sehr gelungen.
Ein letztendlich lesenswerter Einstiegskriminalroman des Autors und ich warte sehr gespannt auf den nächsten Fall dieses doch sehr unterschiedlichen Ermittlerpaares aus Heidelberg!
516 Seiten, Knaur Taschenbuch Verlag, 14,99 Euro