Eine deutliche Aufstockung des Etats wurde bereits seit Jahren angemahnt, nun war es zum 32. Filmfest München soweit. Festival-Leiterin Diana Iljine freute sich über eine Verdopplung Ihrer Haushaltsmittel und die neuen Möglichkeiten, die sich ihr und ihrem Team nun bieten. Vielleicht auch deswegen wurde das Filmfest durch den bayerischen Ministerpräsidenten, Horst Seehofer, und die Staatsministerin für Wirtschaft und Medien, Ilse Aigner, eröffnet.
Das Wetter war durchaus kinofreundlich, und selbst die laufende Fußball-Weltmeisterschaft konnte die Kinofans nicht davon abhalten, sich in dunklen und klimagekühlten Räumen feinstes Filmgut anzusehen.
158 Filme aus 51 Ländern, darunter aus Bhutan oder der Mongolei, gingen an den Start, und dank der neuen finanziellen Ausstattung war es möglich, zu fast jedem Film mindestens den Regisseur, oft auch die dazugehörigen Schauspieler, nach München einfliegen zu lassen. Dass seit drei Jahren stetig weniger Filme gezeigt werden begründet die Filmfest-Chefin damit, dass somit die einzelnen Filme öfter gezeigt und diese somit mehr Filmfans zugänglich gemacht werden können. Zudem wurde ein weiteres Kino in die Reihe der Spielstätten aufgenommen. Die Rechnung scheint aufgegangen zu sein, denn zu jeder Zeit, frühmorgens, am Nachmittag, abends oder gar in der Nacht waren fast alle Vorstellungen ausverkauft. Insgesamt zählte das Filmfest mehr als 75.000 Besucher: Ein neuer Rekord!
In den Reihen "Spotlight", "CineVision", "CineMasters", "International Independents", "Neues Deutsches Kino" und "Neues Deutsches Fernsehen" waren zahlreiche Filmperlen zu finden, die richtig Spaß oder auch sehr nachdenklich gemacht haben. Echte Überraschungen waren hierbei "Wir sind die Neuen", "The Homesman", "The Skeleton Twins", "Under The Skin", "Das Zimmermädchen Lynn", "Palo Alto" oder auch "Je fais le mort". Auffällig war, dass die meisten Filme über gar keinen Vorspann mehr verfügen, ein seltsamer Trend.
Neben vielen grandiosen Nachwuchskünstlern waren in all den Filmen auch bekannte Namen unter den Darstellern und Regisseuren zu sehen, allen voran Tommy Lee Jones, Jean-Pierre Jeunet, Terry Gilliam, Juliette Binoche, Sophie Marceau, Scarlett Johansson, Marion Cotillard, Michael C. Hall, Kristin Scott Thomas oder Katie Holmes. Aber auch nationale Prominenz war zu sehen, darunter Matthias Brandt, Lars Eidinger, Claudia Michelsen, Dominik Graf, Doris Dörrie, Gisela Schneeberger oder Rainer Kaufmann, zum Teil sogar in internationalen Produktionen.
Daneben gab es reichlich Gutes und Neues beim "Kinderfilmfest" zu sehen, bei dem fast alle Vorstellungen im Gasteig ausverkauft waren, hunderte Kinder pilgerten in Scharen zu den Vorführungen. Die Oscar-prämierte Regisseurin Caroline Link leitete zudem einen Workshop für Kinder und präsentierte ihren im Jahr 1998 gedrehten Film "Pünktchen und Anton" zusammen mit Produzentin Uschi Reich und einigen der damaligen Schauspielern.
Hommagen und Preise gab es in diesem Jahr reichlich. So erhielten gleich zwei Schauspieler den "CineMerit Award", neben "unserem deutschen Vertreter in Hollywood", Udo Kier, auch die französische Aktrice Isabelle Huppert. Während Kier auf dem Filmfest und bereits schon im Vorfeld optisch omnipräsent war, fand das Gespräch im Rahmen der Reihe "Filmmakers Live" mit Isabelle Huppert und die anschließende Preisverleihung an die Weltklasse-Schauspielerin fast schon heimlich statt, kein Bild und kein Hinweis im Programm, weder on- noch offline, ließen sich dazu finden. Zudem wurden fünf Filme mit Udo Kier gezeigt, von Isabelle Huppert gab es lediglich ihren neuesten Streifen, "La Ritournelle", zu sehen.
Zum 50jährigen Wirken im und für den Film wurde Willy Bogner während einer Gala ihm zu Ehren gefeiert. Diese Gala gleich zu Beginn des Filmfests brachte große Namen nach München, und so waren unter den Gästen Freunde und Weggefährten des Ski-As Bogner, namentlich Komiker Otto Waalkes, Komponist Harold Faltermeyer und Stuntman Jochen Schweizer, um nur einige zu nennen. Einige seiner Filme, darunter drei Bond-Filme, wurden kostenlos und unter freiem Himmel auf der Filmfest-Piazza am Gasteig gezeigt, weitere seiner Filme gab es in verschiedenen Kinos zu sehen.
US-Regisseur Walter Hill und der radikale deutsche Filme-Macher Klaus Lemke wurden jeweils in einer eigenen Hommage gefeiert, in denen ihre Filme gezeigt wurden.
Genug gefeiert? Noch nicht, denn einer, der das Filmfest über 25 Jahre lang begleitet hat, wurde gebührend in den Ruhestand verabschiedet: der ehemalige Münchner Oberbürgermeister Christian Ude. Ihm zu Ehren wurde "Alexis Sorbas" gezeigt, einer seiner Lieblingsfilme.
Noch ein weiteres politisches Schwergewicht war auf dem Filmfest zugegen: Edmund Stoiber war der Laudator für den schweizer Filmemacher Arthur Cohn, der in einer Gala Einblicke über sein Leben und Wirken in Hollywood gab, für das er sechs Oscars erhalten hat. Danach wurde sein Film "Die Kinder der Seidenstraße" gezeigt.
Neben den Spiel- und Dokumentarfilmen fand auch in diesem Jahr wieder ein Fernsehserien-Special statt, bei dem es fünf neue Serien im Original-Ton auf der großen Leinwand zu entdecken gab.
Zahlreiche Preise wurden verliehen, darunter zwei Publikumspreise, es gab reichlich Gelegenheiten, "Promis zu gucken" und mit Filmemachern, Schauspielerinnen und Schauspielern ins Gespräch zu kommen. Bei so viel Prominenz waren viele geduldige Fans und Autogramm-Jäger zugegen, um ihren Stars näher zu kommen.
Lediglich die dezentrale Anordnung des Filmfests, auf acht Kinos in München verteilt, gab mitunter Grund zum Frust: Wer an einem Tag mehr als nur einen Film sehen wollte, hatte Mühe einen Anschlussfilm zu finden, der trotz Fahrzeit mit Öffentlichen Verkehrsmitteln zum entsprechenden Filmtheater rechtzeitig zu erreichen war. Eine zeitliche Entzerrung mit einem Beginn der Vorstellungen vor 15 Uhr hätte Abhilfe schaffen können.
Wer das Filmfest München in diesem Jahr verpasst hat, und gerne im nächsten Jahr dabei sein möchte, sollte sich gleich den Termin 26.06.-04.07.2015 notieren!