Das war es also, das 41. Filmfest München, das größte Publikumsfilmfest, unter neuer Leitung. Lange war gerätselt worden, was die neue Doppelspitze des Filmfests in der bayerischen Landeshauptstadt – Christoph Gröner und Julia Weigl – verändern würde. Erklärtes Ziel war es, die Zahl der Akkreditierten zu erhöhen, was sie auch gleich geschafft haben: 30 Prozent Fachbesucher mehr sind an die Isar gekommen, insgesamt waren es 2.600.
Nun, die Veränderungen finden sich im Detail. Der Filmfest-Trailer, der vor jeder Projektion gezeigt wurde, war deutlich länger und zeigte Ausschnitte aus einer Reihe der gezeigten Filme. Erstmals seit neun Jahren gab es wieder einen Filmfest-Katalog, in dem alle 150 Filme (drei mehr als 2023) auf jeweils einer Seite abgebildet werden. Dafür gab es kein gedrucktes Programmheft mehr, das die meisten Filmfest-Besucher immer dabei hatten, um schnell Filme oder Programmpunkte nachzublättern. Und auch, wenn der 28.06.2024 als erstem Filmfesttag genannt wurde, so galt das nur für Akkreditierte und geladene Personen, denn erst ab dem Folgetag konnte das Publikum die ersten wenigen Filme sehen. Pre-Opening-Tage nennt man sowas wohl. So richtig sollte es erst am Sonntag losgehen – wieso dann nicht auch dieses Datum nennen? Damit einher ging auch die Neuerung, dass das Filmfest nicht bereits am folgenden Samstag Abend mit einer großen Party, sondern erst am Sonntag Abend still und leise zu Ende gegangen ist. Neu war auch, dass das „Cinema“ als zusätzliche Spielstätte aufgenommen wurde, auch wenn dieses Kino etwas abseits vom Filmfestleben liegt. Zentrale Orte des Filmfests waren auch in diesem Jahr die Hochschule für Film und Fernsehen mit seinen drei Kinosälen, das City-Kino mit insgesamt fünf Kinosälen sowie das Amerikahaus, in dem neben dem Presse- und Gästezentrum auch die „Beergarden Convention“, vornehmlich Treff der Filmindustrie und Pressevertreter, sowie einige Fachveranstaltungen untergebracht waren.
Insgesamt zeigte das 41. Filmfest München sechs internationale Weltpremieren, wie auch Filme, die gerade erst bei den Filmfestspielen in Cannes oder Tribeca gelaufen sind. In zehn Kategorien wurden Preise vergeben, die von jeweils einer eigens zu diesem Zweck berufenen Jurys nominiert wurden.
Ausgezeichnet wurden folgende Filme:
Den CineCoPro Award, der höchstdotierte und diesem Jahr erneut eingeführte Preis für deutsche Koproduzentinnen und Koproduzenten, gewann dieses Jahr der Film „To a Land Unknown“ von Mahdi Fleifel. Als bester internationaler Film wurde der Film „Eine Erklärung für Alles“ von Gábor Reisz mit dem CineMasters Award ausgezeichnet. Mit dem CineVision Award für den besten internationalen Nachwuchsfilm wurde „Simón de la Montaña“ von Federico Luis geehrt. Der in diesem Jahr zum dritten Mal verliehene CineRebels Award geht an „Viêt and Nam“ von Minh Quý Trương. „Lars ist LOL“ von Eirik Sæter Stordahl gewann den CineKindl Award für den besten Kinderfilm. Der in diesem Jahr zum ersten Mal verliehene Young Jury Award geht an „Hoard“ von Luna Carmoon. Die Audience Awards, unterstützt von den Medienpartnern BR und Süddeutsche Zeitung gingen in der Kategorie national an „Führer und Verführer“ von Joachim A. Lang und international an „Samia“ von Yasemin Şamdereli, in Zusammenarbeit mit Deka Mohamed Osman.
Den CineKindl Audience Award erhielt „Dìdi“ von Sean Wang. Seit 2015 verleiht der internationale Verband der Filmkritik – FIPRESCI – einen Preis auf dem FILMFEST MÜNCHEN in der Sektion Neues Deutsches Kino. Er ging dieses Jahr an „Sad Jokes“ von Fabian Stumm.
Deutsche Nachwuchstalente wurden mit dem Förderpreis Neues Deutsches Kino ausgezeichnet, darunter Fabian Stumm für seinen Film „Sad Jokes" als besten Regisseur. Semih Korhan Güner sicherte sich den Preis in der Kategorie „Produzentische Leistung" für das Drama „Milch ins Feuer". Aaron Arens und Lukas Loose haben für ihr Drehbuch zu „Sonnenplätze" den Preis in der Kategorie „Bestes Drehbuch" sowie das Mentoring-Programm der Bavaria Fiction gewonnen. Für die „Beste Schauspielerische Leistung" wurde Atika Jumaih Bashiru für ihre Leistung im Film „O Chale" gewürdigt.
Mit dem Bernd Burgemeister Fernsehpreis 2024 wurde Produzentin Maren Knieling und Produzent Lars Jessen (Florida Film GmbH) für die Komödie „Micha denkt groß“ mit Charly Hübner in der Hauptrolle als besten TV-Film ausgezeichnet. Die für den besten Mehrteiler/Serie ausgelobte Trophäe ging an die Produzentin Katrin Haase und die Produzenten Oliver Arnold (U5 Filmproduktion GmbH & Co.KG) sowie Lasse Scharpen (Studio Zentral) für die Vampir-Serie „Love Sucks“.
Der ONE-FUTURE-PREIS, verliehen von der Interfilm-Akademie, ging in diesem Jahr an den Dokumentarfilm „Petra Kelly – Act Now!“ von Doris Metz.
Daneben gab es noch zwei Preisträgerinnen, die für ihr bisheriges Werk mit dem CineMerit Award honoriert wurden: Jessica Lange und Kate Winslet, die ihre Preise persönlich in Empfang nahmen und ihre neuesten Filme nach München mitbrachten. Um diese Preise in einem besonderen Umfeld vergeben zu können, fanden die Preisverleihungen – noch ein Novum – im Deutschen Theater statt.
Alle 150 Filme und Serien im Wettbewerb wurden von ihren Filmemachern und/oder ihren Darstellern begleitet und vorgestellt. Darunter waren auch weitere prominente Namen, wie die für den Oscar Nominierte Sandra Hüller, Thomas Wlaschiha, Viggo Mortensen, Heiner Lauterbach, Désirée Nosbusch, Adele Neuhauser, Eva Mattes, Marie-Lou Selem, Denis Moschitto, aber auch Isabelle Huppert, die gleich am ersten Wochenende fast schon unter Ausschluss der Öffentlichkeit ins Münchner „Cinema“ kam, um ihren neuesten Film vorzustellen.
Der Trend der Vorjahre, dass weniger in den gezeigten Film geraucht wurde, konnte sich nicht weiter durchsetzen, denn bei fast allen Filmen wurde wieder geraucht, als gäbe es kein Morgen, aber immerhin wurde in den Streifen weniger Alkohol konsumiert als sonst. Die Themen der gezeigten Filme waren ebenso vielfältig wie die Filme selbst: Es ging um Migration und Integration, politische wie strafrechtliche Gratwanderungen, sexuelle Selbstbestimmung und Orientierung, Familie und Beziehungen, Rechtsextremismus und Erinnerungen aus der DDR, das alles mal skurril, mal lustig, nachdenklich, dramatisch oder verwirrend, als Western, Musikfilm, Epos, Komödie oder Drama. Viele Filme haben bereits einen Termin für ihren Kinostart oder die Ausstrahlung im Fernsehen oder Streaming, aber einige haben noch nach Vetriebs- und Verleihpartnern gesucht, die sie vielleicht sogar während dieses Filmfests in München gefunden haben.
Trotz der Fußball-WM und bestem Sommerwetter konnte das Filmfest die Besucher noch einmal beachtlich steigern: Waren es 2023 noch 58.000, so gab es in diesem Jahr rekordverdächtige 71.000 Besuche des Filmfests!
Wer schonmal für das nächste Jahr planen möchte: Das 42. Filmfest München findet vom 27. Juni bis 6. Juli 2025 statt!