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Filmfest München 2023

Es wurde so einiges geboten und Geschenke gab es auch: Zum 40. Geburtstag (nicht Jubiläum!) hat es das Filmfest München in der letzten Juni-Woche richtig krachen lassen. Zunächst zu den Geschenken: Es gab so viele Akkreditierungen wie noch nie, auch die Besucherzahl setzte mit 58.000 einen neuen Rekord, ebenso tat es die Anzahl der gezeigten Filme und Serien, denn da hatte man in diesem Jahr 147 Filme aus 61 Ländern am Start, darunter 43 Weltpremieren!

Dabei wurden allerlei Themen behandelt, wie den 1. und den 2. Weltkrieg, Coming of Age, historische Begebenheiten, wahre Geschichten, Dystopien, Klimaschutz und Beziehungen aller Art. Schwerpunkte lagen auf queeren Filmen und Werken aus Afrika.

Das Fernsehen durfte auch wieder mit von der Partie sein, wobei die gezeigten Filme und Serien nicht so prominent präsentiert wurden, wie Kinofilme. Und das, obwohl ein paar sehr bemerkenswerte Produktionen dabei waren, die in den kommenden Wochen und Monaten im linearen Fernsehen wie auch im Stream zu sehen sein werden. Allen voran die RTL-Produktion "Legend of Wacken", die von den beiden Gründern des Open Air-Events Holger Hübner und Thomas Jensen vorgestellt wurde. Geschichten um den FC Bayern, Entführungen, ein Schülerstreich, der aus dem Ruder läuft und ein politisches Attentat wurden ebenso gezeigt, wie die Neuauflage des Pumuckl, der seine Streiche inzwischen mit dem Neffen des Meister Eder treibt.

Bei den Filmen wurden auch wieder alle großen Themen abgedeckt, insbesondere Beziehungen/Liebe, Gesellschaft, Zukunft der Welt, Klimawandel, Ausländerfeindlichkeit, Heranwachsen wie auch Kriminalfälle. Alle Filme wurden im Wettbewerb gezeigt, die ein Votum durch eine sachkundige Jury erhalten haben. So gab es am Ende des Festivals die diesjährigen Preisträger: Mit dem ARRI Award für den besten internationalen Film wurde „Les filles d’Olfa“ von Kaouther Ben Hania ausgezeichnet. Den Preis für den besten internationalen Nachwuchsfilm, den CineVision Award, hat „Crowrã“ von João Salaviza und Renée Nader Messora erhalten. Mit dem CineRebels Award wurde für „Augure“ von Baloji ausgezeichnet, eine lobende Erwähnung gab es für „Queendom“ von Agniia Galdanova. Den FIPRESCI-Preis gab es für „Fossil“ von Henning Beckhoff, mit dem CineKindl Award ausgezeichnet wurde „Nelly Rapp – Der dunkle Wald“ von Johan Rosell. Eine lobende Erwähnung gab es für „And the King Said, What a Fantastic Machine“ von Axel Danielson und Maximilien Van Aertryck.
Den Publikumspreis von Bayern 2 und Süddeutscher Zeitung durfte „Fallende Blätter“ von Aki Kaurismäki entgegen nehmen. Beim Publikumspreis des Kinderfilmfests setzte sich „Neue Geschichten vom Pumuckl“ von Marcus H. Rosenmüller durch.
Daneben ging der One-Future-Preis an „Siccità“ von Paolo Virzì, der Fritz-Gerlich-Preis ging an „Unruly“ von Malou Reymann.

Der Förderpreis Neues Deutsches Kino REGIE ging an Sylvie Michel für „More Than Strangers", der Förderpreis Neues Deutsches Kino PRODUKTION ging an Uschi Feldges für „Leere Netze". Den Förderpreis Neues Deutsches Kino DREHBUCH erhielt Merle Grimme für „Clashing Differences", mit dem Förderpreis Neues Deutsches Kino SCHAUSPIEL wurde Dor Aloni für „Südsee" ausgezeichnet.

Während des Festivals bot der Pavillon 333 der Pinakothek der Moderne den Raum für ein KI-Labor, das jeden Tag kostenlos neue Veranstaltungen im Angebot hatte. Täglich wurden offene Fragen filmischer, ästhetischer, sozialer und politischer Natur gestellt, mit breiter Unterstützung von Spezialist:innen aus der Kreativwirtschaft, Kunst und Wissenschaft.

Das Filmfest München ehrte die Schauspielerin Barbara Sukowa mit dem CineMerit Award für ihre Verdienste um die Filmkunst. Die Karriere der Charakterdarstellerin, die sich stets der Vielschichtigkeit weiblicher Figuren verschreibt, ist ein Beispiel dafür, dass es diverse Rollen und relevante Geschichten jenseits des Mainstreams gibt. Im Rahmen der Preisverleihung wurde ihr neuester Film „Dalíland” gezeigt.

Jessica Hausner zählt mit ihrem strengen Stilwillen und ihrem klugen Spiel mit Genre-Versatzstücken zu den profiliertesten Regisseur:innen Österreichs. Das Filmfest München widmete ihr dieses Jahr eine Retrospektive, bei der alle ihre Filme gezeigt wurden.

Darüber hinaus widmete das Filmfest München im Rahmen der Kooperation mit dem Museum Brandhorst der Künstlerin Shu Lea Cheang eine Hommage. Präsentiert wurden fünf Filme, die seit den 1990er Jahren entstanden sind – darunter sowohl Kurzfilme und drei Spielfilme als auch Cheangs neue Produktion „UKI” als Weltpremiere.

Dazu gab es die Ausstellung "Leinwandheld:innen" im CityQuartier Fünf Höfe, bei der ausgewählte Starportraits des Fotografen Mike Kraus gezeigt wurden. Bereits seit 2012 besuchen die prominenten Gäste des Filmfest München in der Festival-Zeit Kraus’ Studio. Bei diesen Begegnungen entstehen eindrückliche Portraits, die kostenfrei bestaunt werden konnten.

Zum Abschluss des Geburtstags gab es ein besonderes Schmankerl für die Filmfest-Besucher, denn die Preisträger-Filme, die am letzten Festival-Tag gezeigt wurden, waren für die interessierten Kinogänger kostenfrei zu sehen.

Bereits am 23.06.2023 wurde der Filmfest-Geburtstag gefeiert, als sich zur Eröffnung knapp 1.500 Gäste in die Isarphilharmonie einfanden, darunter zahlreiche hochkarätige Gäste. Dabei waren unter anderem über 20 Mitglieder von Cast und Crew des Eröffnungsfilms „The Persian Version“, darunter auch die Regisseurin Maryam Keshavarz sowie die Hauptdarstellerinnen Layla Mohammadi und Niousha Noor.

Auch im vierzigsten Jahr war beim Filmfest München für jeden Filmfan etwas dabei. Erstaunlich war immer wieder, wie selbst das beste Sommerwetter die Filmfans nicht davon abhalten konnte, die Kinos zu besuchen, und hinterher die Gelegenheit zu nutzen, bei den QnA's ihre Fragen an die Filmleute zu stellen.
Ein positiver Trend war auch zu beobachten, der in den vergangenen Jahren verstärkt zu sehen war: Inzwischen wird in den Filmen wieder weniger geraucht und getrunken, als es zuvor noch der Fall war. Vielleicht setzt sich dieser Trend fort.

Bleibt abzuwarten, wie und wohin sich das Filmfest München der Zukunft hinbewegen wird, wenn ab dem kommenden Jahr die bisherige Geschäftsführerin Diana Iljine nicht mehr für das Festival verantwortlich sein wird. Warten wir es ab und freuen uns schon auf das nächste Filmfest München im Sommer 2024!

Pascal May